Die Offizielle Fanfiction-Universität von Mittelerde (OFUM)
von Camilla Sandman, übersetzt von Cúthalion

Kapitel 12
Die böse Wand ist umgefall'n, umgefall'n, umgefall'n...

Es wurde erfreulich normal, wenn man mitten in der Nacht davon aufwachte, dass Sauron einen Wutanfall bekam (und draußen ein paar Felsbrocken in die Luft jagte) und dass Morgoth schmollte (woraufhin er noch ein paar größere Felsen hochgehen ließ). Es hatte sich zu einem nervtötend heimeligen Gefühl entwickelt, zusammen mit dem üblichen Gejaule oder Geschrei, wenn jemand versuchte, in die Lehrkörper-Abteilung einzudringen (In dieser Nacht waren es Neko und Elvëa, die beide in die Fallgrube gepurzelt waren, von der niemand wusste, dass es sie gab. Das allein wäre nicht so schlimm gewesen, hätte es Nazgûl Nr. 4 nicht ebenfalls fertiggebracht, hineinzufallen, als er die Schreie hörte, und hinüberwanderte, um dabei zu sein).

Da sie nicht mehr einschlafen konnnte, ging Lina in Richtung Speisesaal, wo das Frühstück bald genug serviert werden würde. Es war dunkel und still, abgesehen von der kulinarischen Köstlichkeit, die Gandalf am vorigen Tag herzustellen versucht hatte, und die immer noch efeugrün in einer Ecke glühte. Niemand wagte sich in die Nähe.

Lina lehnte sich aus den Fenster und sog den Geruch von frisch zubereitetem Essen ein. Daß sich sämtliche Hobbits beim Nachsitzen befanden, bedeutete auch, dass sie die Chance hatte, noch etwas anderes zum Frühstück zu bekommen als trockenes Brot. Die Hobbits neigten dazu, die Tische zu stürmen und sie reichlich leergeräubert zurückzulassen,

Nun bekamen sie zum Frühstück nur „Dong-long! Dongelong! Läute laute lillo! Wenn-wann, Weidenmann! Dollidallidillo!“ aufgetischt. Eine Stunde des Nachsitzens, bei der man Tom Bombadil helfen musste, Gedichte zu schreiben, war fast noch schlimmer als Saurons Unterricht.

“It had to be YOOOOOOU…” kam eine schrille Stimme irgendwo aus der Dunkelheit, und Lina fiel beinahe aus dem Fenster.

„Was machst du da?“ zischte sie in die Nacht hinein.

„Legolas ein Ständchen bringen...“ antwortete die Stimme zögernd.

„Ich glaube, das ist...“ begann Lina und zuckte zusammen als sie hörte, wie ein Fenster krachend aufflog. Etwas traf den Boden (oder die Person, das war im Dunkeln schwer zu sagen) und zerbrach.

„Das bin nicht ich, du blöde Göre!“ rief eine unwirsche Stimme aus.

„... Gimlis Zimmer.“ beendete Lina mit einem Seufzen. Wieder ein Plan schiefgegangen, so wie es aussah. Was sie daran erinnerte, dass Dot irgend etwas ausbrütete; sie blieb lange auf und sah ungewöhnlich selbstzufrieden aus.

Also gut. Es würde sich wahrscheinlich bald genug herausstellen. Jetzt hatte sie erst einmal „Herumstreicherei 101“, worüber sie sich Sorgen machen musste; niemand wusste, worum es da tatsächlich ging. Allerdings würde Aragorn dern Unterricht erteilen, was völlig ausreichte, um gewisse weibliche Wesen in Raserei zu versetzen.

Aber jetzt kam erst einmal das Frühstück.

Die Halle füllte sich langsam, während müde Studentinnen sich über den Boden schleppten und dabei aussahen, als seien sie nur eine Handbreit vom Tode entfernt. Lina beobachtete sie ziemlich verwirrt; wenigstens einmal fühlte sie sich richtig wach. Sie war als erste fertig und machte sich aus dem Staub, gerade als die Elben-Mädchen anfingen, sich über den Mangel an Wein bei den Mahlzeiten zu beklagen.

Gerade , als sie um die Ecke bog und den Flur betrat, der zum Hörsaal drei führte (der wegen einer gewissen „Frischluft“-Atmosphäre über und über mit Grünpflanzen bewachsen war) hörte sie eine vertraute Stimme.

„Du wolltest eine Klasse unterrichten, Aragorn.“sagte Gandalf und klang leicht amüsiert. Lina ging auf Zehenspitzen dichter heran und versuchte, nicht zu laut zu atmen.

„Woran du mich ständig erinnerst, Gandalf. Aber heute morgen habe ich ein Mädchen namens Thalia entdeckt, die versuchte, meinen speziell entworfenen Kamin hinunter und in mein Zimmer zu krabbeln! Dann habe ich Cas gefunden, die versuchte, als Stallmädchen durchzugehen, das sich um mein Pferd kümmert. Das alles gleitet uns aus den Händen!“

„Mach dir keine Sorgen, Aragorn. Ich bin sicher, Miss Cam kann mit ihnen umgehen, vor allem mit ihrer zusätzlichen neuen Hilfe, Miss Thundera Tiger.“

„Ich bin nicht besorgt um sie, ich bin besorgt um mich! Und der arme Legolas kann nirgendwohin...“

„Aragorn, du hast Hunderten von Orks ins Auge gesehen, du hast dem Pfad der Toten beschritten, du hast deinen Willen mit dem Auge Saurons gemessen...“

„Und nichts von alledem hat mich auf diesen Horror vorbereitet.“

Gandalf lachte. „Aber warum kommen Sie denn nicht herein, Miss Holling? Der Unterricht fängt gleich an.“

Lina schlüpfte fluchend in den Raum, gerade, als sie das laute Getrampel von Füßen vernahm. Aragorn erblasste, aber er sah entschlossen aus und auf dem Sprung, so, als zöge er in die Schlacht.

„Setzt euch, Kinder.“ befahl Gandalf, und da jedermann inzwischen wusste, dass man besser nicht mit einem Mann argumentierte, der einen Zauberstab bei sich trug, ließen sich alle sehr leise nieder.

„Dankeschön, Gandalf. Ich bin Aragorn – König Elessar – aber hier im Unterricht dürfen Sie mich Streicher nennen. Der Unterricht heißt „Herumstreicherei 101“. Wir werden uns um die Fähigkeit zum Überleben in der Wildnis kümmern, das Reisen und die Geographie in Mittelerde. Das Examen wird eine Wanderung im freien Feld enthalten... Ja, Miss Lotus?“

„Werden Sie uns persönlich testen?“

„Ja.“ antwortete Aragorn mit einem Seufzen, das einige Schwankungen durch die Menge wogen ließ.

„Und ist es nicht eine unerlässliche Bedingung zum Überleben, sich in der Nähe eines Waldläufers aufzuhalten?“ fragte Cas.

„Mögen die Valar mir gnädig sein... ja. Der Punkt ist allerdings, dass man nicht einfach zum Waldläufer wird, wie Sie bald herausfinden sollten. Und wir warten nicht gerade darauf, Jungfern in Bedrängnis zu retten. Tatsächlich versuchen wir, den Norden zu schützen, eine ganz entscheidende Aufgabe...“ Er hielt inne und schaute in leere Gesichter. „Der Norden war früher das Reich des Hexenkönigs.“

„Und dass ihr mir das ja nicht vergesst!“ kam ein heiserer Ausruf aus... dem Inneren der Mauer? Lina blinzelte. Nein, sie war sicher, dass sie die Wand ein paar Meter weit weg hatte flüstern hören.

„Streicher...“ fing sie an.

„Ja, das ist der Hexenkönig, der Anführer der Nazgûl. Wir hatten einige Schwierigkeiten damit, ihn für diese Universität wiederzuerwecken. Wir haben aus Versehen ein paar... hmmm... Felsen unter die Überreste gemengt, und er wurde zu einer Mauer. Gandalf hatte das Gefühl, es sei eine Schande, eine anständige Mauer zu verschwenden, deshalb ist er hier. Er wird für „Gemeine Günstlinge 101“ umgesetzt werden, wo er mit unterrichtet.“

„Anständige Mauer? Ich bin die beste, furchterregendste Mauer, die es je gab!“ zischte das Hexenkönigs-Gemäuer. „Etwas Anerkennung, bitte! Es ist nicht gerade einfach, hier ganz allein herumzustehen! Ihr solltet eine Stunde lang versuchen, in meinen Stiefeln zu gehen, dann wüsstet ihr, wie das ist! Ich fühle mich so... so... einsam!“ Die Mauer klang kläglich, und Lina, unfähig, einem solchen Kummer zu widerstehen, streckte die Hand aus, um ihr einen tröstenden Klaps zu geben.

„Nein, nicht...“ begann Streicher, aber es war zu spät.

Das letzte, was Lina mitbekam, war ein teuflisches Gelächter dicht an ihrem Ohr und der triumphierende Ausruf: „Ich kann es noch! Ich kann sie immer noch zum Narren halten! Ich bin noch immer böse!“

Dann krachte die Mauer auf sie herunter.


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