Ein wirklich gutes Jahr (Pretty Good Year)
von Mary Borsellino, übersetzt von Cúthalion
Kapitel 22
Drei von einem Schlag
Der Wind, der zu dieser Jahreszeit immer spätnachmittags wehte, sorgte dafür, dass der Garten ziemlich unregelmäßig Regen bekam; nichts, was man mit einer Gießkanne und ein paar Stunden Arbeit nicht wieder hinkriegte. Das gehörte zu den Dingen, die Sam an Pflanzen mochte; sie waren wunderschön und kompliziert, und gleichzeitig ganz simpel. Es war nicht schwer, sie zum Gedeihen zu bringen, wenn man sich mit den Grundlagen auskannte.
Als er sich gerade über ein paar Sämlinge beugte, die ein bisschen Nachhilfe beim Wachsen brauchten, klapste ihm eine Hand auf die Schulter. Ein Junge, nicht älter als zwölf oder dreizehn; die Knie seiner Hosen waren zerrissen und seine Ellbogen voller Grasflecken.
Hallo! Wie heißt du denn? fragte Sam, stellte die Gießkanne beiseite und ließ sich auf die Fersen zurücksinken.
Jacky. Der Junge hatte offenbar vor Aufregung einen Knoten in der Zunge. Ist
ist das wahr? All die Abenteuer, von denen die Leute sagen, dass du sie erlebt hast?
Ja. Sam nickte und lächelte. Die allermeisten jedenfalls. Die Leute fügen halt gern ihre eigenen Gewürze und ihren eigenen Geschmack hinzu.
Jackys Augen wurden groß und rund. Elben! Hast du die wirklich gesehen?
Sam lachte und lud den Jungen ein, ihm beim Gießen zu helfen. Du bist alt genug, eine Steckrübe von einem Kohlrabi zu unterscheiden. Also, wenn es dir nichts ausmacht, ein bisschen zu arbeiten, während ich erzähle, dann habe ich ein oder zwei Geschichten für dich.
Müssen deine Hände immer so dreckig werden, bloß, weil du Blumen gießt?
Sam lachte wieder. Nein, außer wenn ichs drauf anlege. Die Erde ist lebendig, genau wie du und ich. Der Unterschied ist nur, dass du ein Stück davon in der Hand halten und fühlen kannst, wie sie atmet und wie etwas wächst. Wenn du keine Angst davor hast, dich schmutzig zu machen, dann kann die Erde reden und wird sich von deiner Aufmerksamkeit geschmeichelt fühlen. Es macht keinen Sinn, mit ihr auf Kriegsfuß zu stehen.
Jacky lächelte. Du bist lustig! Hast du jemals einen Drachen gesehen? Oder eine Schlacht? Sind die Elben so wundervoll, wie die Leute immer sagen?
Weißt du, ich glaube, von Herrn Frodo kriegst du noch bessere Geschichten zu hören als von mir. Er arbeitet in seinem Studierzimmer. Aber ich bin sicher, wenn du hingehst und an diese grüne Tür da klopfst, und wenn du dann mit deiner nettesten Stimme nach einer oder zwei Geschichten fragst, dann tut er dir sicher den Gefallen.
Mein Papa sagt, er ist seltsam. gestand Jacky. Kein anständiger Hobbit. Er sagt, Ihr seid hier alle drei vom gleichen Schlag, und ihr seid nicht ganz richtig im Kopf.
Sam war heilfroh, dass Rosie nicht in der Nähe war, um das zu hören. Sie konnte das Wort anständig absolut nicht leiden, und Sam ging es inzwischen ganz genauso.
Dein Papa sollte seinen Kindern lieber ein bisschen Höflichkeit beibringen. Ich habe jetzt zu tun, wenn du die Geschichten also hören willst, dann komm morgen wieder und lass sie dir von Herrn Frodo erzählen. Sam versuchte, seine Stimme trotz allem freundlich klingen zu lassen, und der Junge nickte und hüpfte davon.
Nach dem Abendessen saßen Sam, Rosie und Frodo am Feuer, während Elanor in ihrer Wiege einschlief. Sie pafften ihre Pfeifen und genossen die Tatsache, dass es nicht viel zu tun gab. Das war sehr angenehm; niemand, den man beeindrucken oder um den man sich Sorgen machen musste, nur Familie, Heim und Frieden.
Lasst uns ins Bett gehen. schlug Frodo vor und stand auf.
Ich bin nicht müde. antwortete Rosie abwesend, die Augen auf das Flackern und Tanzen der Flammen gerichtet.
Na ja, ich auch nicht. Frodos Antwort wurde von einem breiten Lächeln begleitet. Sam war mehr als froh, das zu sehen, er hatte sich in den letzten Tagen besonders viele Sorgen um Frodo gemacht, und es war gut, ihn in verspielter Stimmung zu sehen.
Sam bezweifelte, dass er es jemals müde werden würde, Rosie zuzusehen, wie sie sich auszog
die Sorgfalt, mit der sie ihren Rock über die Beine hinunterstreifte und zur Seite legte, ihre Haut, geschmeidig braun bis hinauf zu den Oberschenkeln vom Schwimmen und Sonnenbaden. Ihre kleinen, festen Brüste waren wie reife Früchte, und Sam konnte nie dem Drang widerstehen, sie mit dem Mund zu berühren und den Geschmack ihrer Haut zu kosten. Da waren wellige, blasse Linien über ihren Hüften, wo sich ihr Bauch gedehnt hatte, als sie Ellie trug, und Sam liebte diese matten Spuren mehr, als es sich mit Worten sagen ließ, denn es waren gute und glückliche Narben.
Frodo war ebenso liebenswert, auf seine ganz eigene Weise, viel zu dünn für einen Hobbit und mit solch alten, traurigen Augen, aber wenn er lächelte, konnte er einen Raum zum Strahlen bringen wie die hellste Mittagssonne. Auch seine Narben waren in ihrer Art glücklich, er hatte sie davongetragen, während er Dinge schützte, die es verdienten, bewahrt zu werden. Sam war jeden Tag aufs neue dankbar, dass sie überlebt hatten, um zurückzukommen und sich wieder an dem zu freuen, was sie hatten.
Mehr als zu allem anderen neigte Frodo dazu, sich zurückzulehnen und Sam und Rosie zu beobachten, selbst dann, wenn er nicht müde war. Seine Augen waren weit geöffnet, als versuche er, ihr Bild in sein Gedächtnis einzubrennen. Er ließ zu, dass Rosie ihn küsste, aber er machte keinen Versuch, sie an sich zu ziehen, damit sich ihr Körper berauschend weich gegen ihn presste. Sie drückte Frodo auf das Bett hinunter und geleitete seine Hand zu ihrem Nacken hinauf, die Locken beiseite schiebend, damit er ihre bloße Haut berührte. Dann, ganz plötzlich, zog sie sich zurück und saß auf der Bettkante, im Gesicht ein breites, anzügliches Lächeln.
Ich möchte euch beide zusammen sehen. befahl sie. Ihr seid hübscher als alles, womit man euch vergleichen könnte.
Sam liebte es, Frodo zu küssen, liebte den Geschmack von sicher-warm-daheim, der sich in den Winkeln dieses Mundes verbarg, die köstliche Weichheit seiner Unterlippe. Es war immer wieder überraschend; die Erinnerung verblasste und glitt davon, wenn er nicht wirklich da war, um es zu erleben. So gewöhnte er sich nie wirklich daran, und Gewohnheit hätte ihn auch nicht glücklich gemacht. Denn weil es sie nicht gab, war jeder Kuss ein Geschenk, das er empfing wie beim allerersten Mal.
Er bewegte sich hinunter, um über die blasse Kehle zu züngeln und daran zu saugen; er wusste, dass Rosie den Klang von Frodos Stimme in solchen Augenblicken liebte, und ihm ging es genauso. Seine Hand glitt tiefer, der Daumen streichelte in kleinen, gleichmäßigen Kreisen über samtweiche Haut. Frodo bog sich der Berührung entgegen, ein Knie angezogen und den Fuß in die Matratze gepresst, das andere Bein ausgestreckt, so dass die weiche Unterseite des Knies sichtbar wurde. Sam drehte sich herum, bis er die Stelle mit der Zunge berühren konnte und leckte daran, während Frodo sich erneut aufbäumte.
Rosie kam zu ihnen; sie brachte es nie fertig, sich lange abseits zu halten. Sie verfolgte die köstliche Kontur von Sams Ohren mit den Fingerspitzen, erforschte jeden Teil von ihm aus tiefstem Herzen, bevor sie sich weiterbewegte und die Entdeckungsreise bei Frodo wiederholte. Es war leichter als leicht, sich in diesem Gefühl zu verlieren, der Bewegung von Haut an Haut und von Atem in Atem, und nach einer Weile ließ sich Sam von dem Zauber überwältigen kein Denken, kein Lernen, ganz einfach Sein, eng verbunden mit zwei von den drei Dingen, die er ebenso sehr liebte wie die Erde selbst.
Bald ist doch dein Geburtstag, oder? fragte Rosie Frodo, als sie wie ein knochenloses Puzzle auf dem Bett lagen, halb im Schlaf und halb zu einem Ganzen verschmolzen.
Mmmh, in etwas weniger als zwei Monaten. nickte Frodo. Der von Bilbo auch.
Du musst nicht alles mit jemandem teilen. Ein paar Dinge kannst du auch für dich allein behalten. meinte Sam, den Geruch nach altem Papier einatmend, der in Frodos Haaren hing. Es ist in Ordnung, wenn du gelegentlich mal nur an dich selber denkst.
Wenn jemand in Gondor Geburtstag hat, wird er von den Leuten beschenkt anstatt andersherum. sagte Frodo beiläufig.
Das macht überhaupt keinen Sinn, und nach Spaß für die Person, die Geburtstag hat, klingt es auch nicht gerade. schnaubte Rosie. Von meiner Seite brauchst du erst gar nicht auf Geschenke zu hoffen, lass dir das gesagt sein.
Frodo lächelte nur, schloss die Augen und glitt hinüber in seine Träume.
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