Ein wirklich gutes Jahr (Pretty Good Year)
von Mary Borsellino, übersetzt von Cúthalion
Kapitel 17
Vollkommen in Ordnung
Wieder daheim! Sams Ruf weckte Rosie aus ihrem Dösen. Wie geht es meinem wunderschönen Mädchen?
Halb tot vor Langeweile. antwortete sie, als er zur Schlafzimmertür kam. Lass mich aufstehen, Sam, bitte. Ich bin vollkommen in Ordnung.
Bist du sicher? Sein Ton war zweifelnd, Ich will nicht, dass du dir zuviel zumutest.
Lass sie aufstehen, Sam. schrie Frodo aus dem Studierzimmer herüber. Wenn du das nicht machst, kann ich mir ihr Gejammer bis in alle Ewigkeit anhören!
Jetzt musst du mich aufstehen lassen, damit ich ihn auseinander nehmen kann!
Oh, also gut. Komm, ich helf dir rüber in die Küche. Sam bestand darauf, während des Ausflugs den Flur hinunter fast ihr ganzes Gewicht auf sich zu nehmen.
Frodo schloss sich ihnen an, als sie gerade in die Küche gehen wollten und tauschte ein Lächeln mit Sam. Rosie hatte keine Zeit mehr, sich darüber zu wundern. Sie trat ein und entdeckte das wunderschöne Kleid, das über einem Stuhl ausgebreitet lag.
Es war aus tiefrosa Seide gemacht; dunkelrote Rosen aus gekordelten Bändern schmückten Rock und Ausschnitt. Ein Band aus dem gleichen, samtweichen Material lag daneben, als Schmuck für ihren Hals. Es war das herrlichste Kleidungsstück, das Rosie je gesehen hatte.
Wohl kaum das Richtige zum Waschen und Staubputzen. brachte sie fassungslos heraus, das warme Stechen in ihren Augen wegblinzelnd.
Dann musst du eben mehr tanzen und es auf diese Weise abtragen. Sam drückte einen Kuss auf ihre vom Kissen flachgedrückten Locken. Wir vermissen dein Lächeln, Rosie-Entchen.
Frau Rose, Tom und Marigold nehmen Elanor heute nacht, und Sam und ich haben uns gefragt, ob du vielleicht ins Wirtshaus gehen möchtest, um zu feiern?
Wahnsinnig gern. Rosie lächelte.
Das Kleid passte wie ein Traum, seine weiche Fülle reichte bis fast zu ihren Knöcheln und sprang weit auf, als sie sich drehte. Das Herumwirbeln ließ Rosie mit seltsam leichtem Kopf zurück, aber sie atmete tief, bis der betäubende Schwindel nachließ. Nichts würde ihr diesen Abend verderben.
Sie gingen in den Grünen Drachen, und es tat so gut, all ihre Freunde wieder zu sehen, zu lachen und verrückte Trinksprüche mit gutem Bier auszubringen. Frodo und Sam wurden überredet, ein paar der Gedichte vorzutragen, die sie auf ihren Reisen gelernt hatten, und sie ernteten langen, lärmenden Applaus für ihre Mühe.
Rosie hatte die Art, wie Sam tanzte, immer schon geliebt, sein Gesicht war so angespannt, sein Körper aber so sicher. Frodo sah ihnen beiden zu, und er lachte und klatschte.
Zwischen den Liedern schlichen sich Sam und Rosie ins Freie, wie sie es schon vor Jahren getan hatten, als sie noch lange nicht alt genug waren, um miteinander Ernst zu machen. Sie mochten sich schon damals, wenn auch auf eine linkische, befangene Art und Weise; mit ungeschickten Händen und Küssen, bei denen die Zähne aneinander stießen. Es kam ihnen richtig vor, jetzt dorthin zurück zu gehen, um der Luft und dem Nachthimmel zu zeigen, was am Ende der Geschichte aus den jungen Liebenden geworden war.
Als sie wieder hineinkamen und feststellten, dass Frodo nirgendwo zu sehen war, sagte Sam: Vielleicht fühlte er sich müde und ist nach Hause gegangen.. Nachfragen bei ein paar Freunden bestätigten, dass Frodo wirklich weg war und die Nachricht für Sam und Rosie hinterlassen hatte, sie sollten so lange bleiben, wie sie wollten.
Sie tanzten scheinbar stundenlang, kreisten durch den Raum in einem endlosen Wirbel, bis Rosie schließlich den Halt verlor und stolperte. Sam fing sie auf, ehe sie fiel und die beiden beschlossen zu gehen, bevor sie sich überanstrengte.
In Beutelsend brannte kein Licht, als sie näher kamen. Das war eigenartig genug, um sich darüber zu wundern. Normalerweise leuchtete, selbst wenn Frodo schon zu Bett gegangen war, eine Kerze im Fenster, bis alle sicher zu Hause waren.
Herr Frodo? rief Sam zögernd und öffnete die Tür. Als sie hineingingen, schnappte Rosie nach Luft und wich angesichts des von silbrigem Mondlicht beleuchteten Schlachtfeldes, das vor ihnen lag, an die Wand zurück. Zerbrochene Wanderstäbe, Hüte und Mäntel auf dem Boden verstreut, umgestürzte und ausgeleerte Truhen.
Verloren
verloren
Ein dünnes, raspelndes Flüstern. Diebe! Wo ist er? Verloren!
Frodo kroch aus den Schatten dicht bei Rosie, und eine seiner Hände krallte sich in ihren Rock. Die drei Finger und der Daumen waren zu Klauen verkrümmt; sie erwischten eine der schmückenden Rosen am Rocksaum und zerrten sie auseinander, bis sie als karmesinrotes Band auf der Erde lag. Rosie verbiss einen Schrei und taumelte zurück. Sam warf sich auf Frodo, der sich verzweifelt wehrte, und drückte ihn gegen den Boden.
Dieb! Frodos Stimme war beinahe ein Kreischen; er schlug mit den Beinen aus und trat wild um sich, während Sam versuchte, ihn zu beruhigen.
Frodo, bitte
ich bins, dein Sam, bitte hör einfach auf damit und komm wieder zu dir.
Frodos Augen verengten sich und starrten zu Rosie hinauf. Der Blick machte sie schaudern, denn es war darin nichts mehr übrig von dem Hobbit, den sie kannte und liebte. Sie zog ihren Rock aus der Reichweite seiner Fußtritte, beugte sich hinunter und schlug Frodo mit aller Härte, zu der sie sich zwingen konnte, ins Gesicht.
Die Vernunft flutete jäh wieder in seine Züge zurück und das Fauchen erstarb, während sein Körper zur Ruhe kam. Für einen langen Augenblick sprach niemand, bis Frodo nach Atem rang und zu schluchzen begann.
Es tut mir leid, weinte Frodo, es tut mir leid, es tut mir leid. Sam wiegte ihn sanft. Es tut mir leid
Oh Rose, ich habe dein wunderschönes Kleid zerrissen, es tut mir
Still. Rosie kauerte sich nieder, um beide zu umarmen. Das flickt sich fast von alleine.
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