Ein wirklich gutes Jahr (Pretty Good Year)
von Mary Borsellino, übersetzt von Cúthalion

Kapitel 12
Anweisungen

Manchmal verbrachten sie den ganzen Tag im Bett. Sie standen nur auf, um etwas zu essen und sich um Elanor zu kümmern, dann tauchten sie so schnell wie möglich wieder unter die Decken. Man sagt oft, für frisch Verheiratete sei der Mond aus Honig gemacht, aber das war ein armseliger Trostpreis im Vergleich zu dem Fest aus Sonnen und Sternen, das sie sich gegenseitig bereiteten, sanfte Haut an sanfter Haut.
Sie hatten alle Arbeit getan, die zu erledigen war und wurden nirgendwo erwartet, aber Frodo durchlitt einen von diesen Tagen, und das war wirklich ein Jammer. Rosie versuchte nichtsdestotrotz, keine Bitterkeit in sich aufkommen zu lassen. Aber während sie neben Frodo auf dem Bett lag und ihm das schweißverklebte Haar aus der Stirn strich, wünschte sie sich nur eins: Frodos Qualen zu einem kleinen, festen Ball zusammenzudrücken, diesen Ball mit einem Fußtritt zur Tür hinauszubefördern und Frodos Haut durch eine gänzlich andere Art von Schweiß zum Glühen zu bringen.
„Tut mir leid, Rose. Du und Sam, ihr solltet ein ganz anderes Leben haben als das, zu dem ich Euch zwinge, hier in diesen muffigen Zimmern.“
„Muffig? Na vielen Dank auch, du wirst doch wohl nicht meine Putzarbeit beleidigen wollen? Und fang nicht wieder mit diesem Blödsinn an, sonst gebe ich Elanor in Zukunft jedes Mal, wenn du Kopfschmerzen hast, zwei Topfdeckel zum Zusammenschlagen.“
Frodos Lächeln war bleich und voller Liebe. „Ich frage mich, ob ihr ganz wirklich seid, Rose, du und Sam. Manchmal kann ich mir kaum vorstellen, dass es euch tatsächlich gibt.“
„Oh, wir sind wirklich, Herr Frodo, und du auch, aber diese Krankheit ist es nicht. Das sind nur Nachwirkungen und Erinnerungen, und die werden wir jetzt besiegen.“ warf Sam ein, als er den Raum betrat. Er legte Elanor in ihre Wiege, gesellte sich zu ihnen aufs Bett und schmiegte sich von hinten an Rosie.
„Ich hatte auch nichts anderes von euch erwartet.“ stellte Frodo fest. „Ich möchte euch beide gerade so schrecklich gern berühren, aber ich kann kaum meine Arme hochheben.“ Er seufzte. „Mein Blut ist aus Eis gemacht.“
„So fühlt sich das aber gar nicht an für mich.“ Rosie legte ihre Handfläche an seine fiebrige Wange. „Lehn dich einfach zurück und ruh dich aus, und dann sagst du mir und Sam, was du gerne sehen möchtest, ja?“
Frodo nickte und schob sich gegen die Kissen in eine sitzende Lage. Dann keuchte er; schon die leichte Anstrengung dieser Bewegung hatte ihn erschöpft.
„Mach den untersten Knopf seines Hemdes auf.“ befahl er Rosie mit leiser Stimme. „Und dann den nächsten darüber.“
Ihre Finger waren flink, sie entblößte Sams goldbraune Haut Zentimeter für Zentimeter.
„Küss ihn auf den Bauch.“ Frodos Stimme war kaum mehr als ein Hauch. Rosie neigte den Kopf und ließ die Zunge unter Sams Nabel kreisen, ein Lachen unterdrückend, als sie hörte, wie einer von beiden gedämpft nach Luft schnappte. „Jetzt mach den nächsten Knopf auf.“
Diesmal waren ihre Finger nicht mehr so schnell und sicher. Ohne auf weitere Anweisungen zu warten, glitten ihre Hände über die Haut, die sie so gut kannte wie ihre eigene: sie zeichneten lieber jeden einzelnen Leberfleck und die Erhebung jeder Narbe nach, als sich von der weichen Oberfläche zu lösen.
„Den nächsten Knopf auch noch.“
Sie plagte sich nicht lange damit herum, sondern riss das Hemd mit solcher Kraft auf, dass der Knopf mit einem Plopp zur Seite flog.
„Vorsichtig, sonst hab ich bald keine Hemden mehr!“
„Dann zieh sie doch gar nicht erst an…“ grummelte Rosie und ließ ihren Atem den gleichen, gänsehautreizenden Weg über seine Brust entlanggeistern, den schon ihre Hände genommen hatten. „Was nun, Frodo?“
„Küss ihn.“ Frodos Flüstern war jetzt beinahe ein Zischen, und das schickte ein Frösteln ihr Rückgrat hinunter. Sie wandte sich um und schaute; aber dies war kein beängstigendes Gespenst, nur Frodo mit seinen müden, brennenden Augen und seinem geliebten, allzu zerbrechlichen Gesicht.
Rosie hatte viele Stunden ihres jungen Lebens mit Tagträumen von Sam Gamdschies Lippen zugebracht, und nie hörte ihr Erstaunen darüber auf, wie viel besser die Wirklichkeit sein konnte als jede kindische Phantasie. Das ganze Jahr über lebte der Sommer in seinem Mund, heiß, saftig und voller Leben; so, als sei alles Gelächter der Welt darin gesammelt und warte darauf, von ihm losgelassen zu werden.
„Oh.“ Frodos Augen fielen zu und sein Atem beruhigte sich; die tiefe, schmerzvolle Falte zwischen seinen Augenbrauen wurde ein wenig weicher. Rosie löste sich von Sam, um einen langen Gutenachtkuss auf Frodos Mund zu drücken. Dann wandte sie sich wieder ihrem Mann zu und fuhr – nun ganz ohne hilfreiche Anweisungen – damit fort, ihn auszuziehen.


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