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Ein wirklich gutes Jahr (Pretty Good Year)
von Mary Borsellino, übersetzt von Cúthalion
Kapitel 6
Morgen in Beutelsend
IDiesmal waren es keine Alpträume. Fröhlich konnte man sie auch kaum nennen, schon eher grau, dumpf und verzweifelt, aber Alpträume waren es nicht. Das Brennen blieb aus. Er erwachte und fand seine heile Hand umschlossen von Sams Händen, und zum ersten Mal, soweit er sich erinnern konnte, fühlte er sich warm bis hinunter zu den Füßen, und eher schläfrig als müde.
Die Ereignisse der vergangenen Nacht traten ihm plötzlich klar vor Augen. Frodo setzte sich jäh auf und wurde für die schnelle Bewegung mit dumpfem, bedrohlichen Kopfschmerz bestraft. Sam regte sich und drehte sich um, ohne aufzuwachen. Niemand sonst war im Zimmer.
Der Vormittag war bereits fortgeschritten; so lang hatten Sam und Frodo seit Monaten nicht mehr geschlafen. Der Hauptgang von Beutelsend leuchtete in einem sanften, gelben Licht, und der Duft nach Eiern und der Klang eines alten Liedes kamen aus der Küche hereingeweht und erfüllten gemeinsam die Luft. Lavendel so blau, dilly dilly, grün der Rosmarin, wenn du König wirst, dilly dilly, werd ich Königin
Rosie stand am Herd, Elanor spielte zu ihren Füßen mit einer recht abgenutzten Lumpenpuppe. Frodos Gefühl der Wärme schwand, während sich die Angst in seinem Magen zu einem kalten Klumpen zusammenballte. Sie waren alle so glücklich gewesen oder, was ihn anging, wenigstens beinahe glücklich und nun war alles verändert und verdorben.
Dein Feldbett ist mächtig unbequem. sagte Rosie heiter und blickte dorthin, wo Frodo stand, halb verborgen hinter dem Türrahmen. Meine Mutter hat mir früher immer die Geschichte von dieser Prinzessin erzählt, die eine Erbse unter ihrer Matratze spüren konnte, aber ich wette, unter deiner hältst du Kürbisse versteckt.
Es tut mir leid
begann Frodo, aber Rosie hob ihre Hand und brachte ihn zum Schweigen.
Mein Samweis ist nicht der einzige, der sich Sorgen um dich gemacht hat. Als er mich gebeten hat, ihn zu heiraten, sagte er: Nun, meine liebe Rosie, ich sollte dich warnen, bevor du dein Herz verschenkst. Herr Frodo bedeutet mir mehr als Wasser oder Luft, und das ist kein Gefühl, das sich einfach abstellen lässt. Möchtest du Tee, bis ich diese Eier fertig habe?
Oh ja, danke! sagte Frodo ein wenig verblüfft. Aber bist du denn nicht wütend?
Oh, ich hab dich gern genug, um ihn mit dir zu teilen. lachte Rosie, stieg vorsichtig über ihre Tochter hinweg und reichte ihm einen Becher mit heißem Tee. Nach allem, was ich gehört haben, werden in jedem Winkel der Welt Balladen über euch beide geschrieben. Und Lieder mit ein bisschen Romantik drin mochte ich schon immer.
Du bist kein gewöhnlicher Hobbit, Rosie Kattun. sagte Frodo voller Staunen.
Rosie Gamdschie, wenn ich bitten darf, herzlichen Dank. Und in Beutelsend hat kein gewöhnlicher Hobbit gelebt, solange ich mich erinnern kann. Sie setzte sich an den Tisch. Ich lass die Eier noch ein bisschen abkühlen. Meine Knochen sind völlig verknotet von diesem Felsen, den du für ein Bett hältst.
Komm, lass mich mal. Frodo rubbelte die Verhärtungen aus ihrer Schulter. Besser?
Mmm, ja. Als wir jung waren, jagten Sam und die anderen Jungs die Mädchen die Hügel rauf und runter und spielten Fangen und Küssen. Ich fand es ziemlich furchtbar, wenn einer von ihnen mich erwischte, sie waren so klebrig, so stinkig und grob. Du warst größer als wir, ganz ernsthaft und ruhig, du kamst mir vor, als seiest du von einer ganz anderen Rasse. Ich sagte Sam, ich wünschte, es gäbe mehr Hobbits wie dich und er meinte, ihm ginge es genauso. Mir wurde ganz heiß vor Eifersucht wegen der Art, wie er über dich redete. Und danach machte es mir nicht mehr so viel aus, Sam zu küssen.
Das ist eine hübsche Geschichte. Frodo schmunzelte und presste seine Finger gegen die verkrampften Muskeln in Rosies Rücken. Darüber sollten sie ein Lied schreiben.
Nimm sie doch mit hinein in dein Buch. sagte Rosie mit einem Lächeln und ließ sich gegen ihn sinken, während er die Massage fortsetzte. Von Frodo kam ein leises Lachen.
Nein. Das ist keine fröhliche Geschichte. Du und Sam, ihr verdient eigene Bücher, voll von Sommern und Babys und Gelächter.
Und du, Herr Frodo, du verdienst das auch. Rosie stand auf und drehte sich um, um ihn anzusehen.
Vielleicht. Wenigstens würde ich gern sehen, wie alles anfängt. gab Frodo zu.
Rosie beugte sich vor und küsste ihn leicht. Ihr Mund schmeckte ein wenig herb nach der Mandarine, die sie früher am Tag draußen vom Baum gepflückt hatte, und ihre Lippen waren warm und süß. Als sie sich zurückzog, strich sie mit der Hand über Frodos Wange.
Es würde sich weder wie ein rechtes Heim noch wie eine richtige Geschichte anfühlen, wenn du nicht darin vorkommen würdest. Und niemand sollte auf dieser grässlichen Pritsche schlafen, wenn gleich daneben ein Bett steht, dass so schön groß und weich und fedrig ist.
Sie sammelte Elanor vom Boden auf und legte sie in Frodos Arme.
Also, möchtest du Tomaten zu deinen Eiern?
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