Von Geist zu Geist (Mind to Mind)
von shirebound, übersetzt von Cúthalion


Im Gehen tauschten sie ihre Erfahrungen aus, schwätzten auf lässige Art über alles, was sie seit ihrer Gefangennahme erlebt hatten. Kein Zuhörer hätte aus ihren Worten erraten können, dass sie Fürchterliches erduldet hatten und bis vor Kurzem noch in höchster Gefahr geschwebt hatten.
(„Die zwei Türme“, „Die Uruk-Hai“)

9. Kapitel
Gewissheit des Herzens

Es hatte keinen Zweck. Merry sank zu Boden, saß niedergeschlagen da und schüttelte völlig entmutigt den Kopf. Er wusste nicht, wo er war, wie lange er schon hier war oder wie er entkommen konnte. Nichts machte einen Sinn. Die Bilder um ihn her brachen sich wie in den Facetten eines Edelsteines. Es war, als sei er in einem Edelstein. Hatte Saruman das mit ihm gemacht, als er ihn mit seinem Ring berührte? War er in Sarumans Ring? Der Gedanke ließ sein Herz beinahe vor Angst erstarren. Hatte der Zauberer ihn irgendwie in einen der glitzernden Juwelen auf dem Reif gebannt... und er saß bis in alle Ewigkeit in der Falle?

Überall rings um ihn her führten Wege in alle Richtungen, und er hatte sie alle versucht – aber jeder einzelne führte zum Anfang zurück, an diesen kalten, unvertrauten, einsamen Ort. Vielleicht war es ein Alptraum. Vielleicht...

Mit einemmal bemerkte Merry, dass die Luft um ihn sich erwärmte. Ein sanfter Friede blühte in seinem Herzen auf, und er fühlte sich sicher und getröstet – als wäre er wieder ein Kind in den Armen seiner Mutter, während sie ihn mit Röstbrot und Kakao fütterte und ihm eine Geschichte erzählte.

„Merry.“ Jemand rief seinen Namen, und ein Weg, den Merry zuvor nicht bemerkt hatte, erschien vor ihm, in ein weiches, rötliches Glühen getaucht.

„Merry! Da bist du ja!“

„Frodo?“ Merry konnte die Gestalt, die vertrauensvoll auf ihn zukam, kaum erkennen, so hell erstrahlte sie. Merry starrte voller Staunen auf seinen Vetter (war er es wirklich?), der ihn zu blenden schien wie Gandalfs Feuerwerke.

„“Frodo!“ keuchte Merry, als Frodo niederkniete und ihn in die Arme nahm. „Oh Frodo, du solltest nicht hier sein! Es ist nicht sicher.“

„Du bist es, der nicht hier sein sollte, Merry, mein Lieber,“ murmelte Frodo leise. „Es ist Zeit, diesen Ort zu verlassen und zu uns zurück zu kommen.“

„Ich hab’s versucht,“ sagte Merry unglücklich. „Ich kann den Weg nicht finden.“

„Siehst du das?“ fragte Frodo und zeigte auf den leuchtenden Weg.

„Der war vorher nicht da,“ sagte Merry und schaute Frodo misstrauisch an. „Jemand anderer ist gekommen und hat versucht, mich hereinzulegen, aber ich wollte nicht zuhören.“

„Ich weiß, das ist verwirrend für dich,“ sagte Frodo. „Saruman hat dich hier eingesperrt, aber ich bin gekommen, um dich heimzubringen.“

Merry seufzte und sank an Frodos Brust zusammen. „Ich bin so müde,“ murmelte er. „Woher weiß ich, dass das nicht noch so ein Trick ist?“

Frodo lächelte; er hielt Merry ganz fest und wiegte ihn sanft. „Weißt du noch... als du sieben warst und gedacht hast, eine Schlange wäre ein großartiges Haustier? Und wie ,Schlangenhund' dann entschlüpft ist und ganz Brandyschloss in Aufruhr war?“

„Ja.“ Merry lächelte, während er sich erinnerte. „Du hast nie jemandem erzählt, dass Schlangenhund mir gehörte, oder?“

„Nein.“ Frodo konnte spüren, wie Merry sich entspannte. „Und erinnerst du dich an den Tag, als Pippin geboren wurde und du gedacht hast, wir sollten alle Geschenke bekommen, weil es sein Geburtstag war?“

„Du hast mir eins gegeben.“ sagte Merry leise, „Du hast gesagt, Pippin hat es mir geschickt, weil ich sein ganz besonderer Vetter wäre.“

„Das bist du auch,“ sagte Frodo.

„Frodo,“ sagte Merry plötzlich, „ich verstehe nicht, was hier passiert. Ich muss sicher sein, dass wirklich du das bist. Saruman sah... er hat alles gesehen, Frodo, jede Erinnerung. Er würde diese Dinge auch alle wissen, über Pip und...“

„Du musst mir glauben,“ sagte Frodo flehend. „Bitte, Merry, du weißt, dass ich es bin. Kannst du es nicht spüren?“ Er nahm Merrys Hand in seine, und Merry fühlte so viel Liebe auf sich überströmen, dass er den Tränen nahe war. Nun begriff er, dass das, was er gefühlt hatte, als Frodo zu ihm kam... Familie war.

„Ich weiß, du bist es,“ flüsterte Merry. „Ich weiß es.“

Frodo drückte seine linke Hand auf Merrys Brust, und ein Ring an Frodos Finger begann zu glühen – der selbe sanfte, rötliche Glanz wie auf dem Weg. Merry spürte, wie eine gelassene Stärke in sein Herz drang, und er lächelte vor Freude. Alles würde gut werden.

„Was muss ich tun?“ fragte Merry ruhig.

„Steh auf,“ sagte Frodo sanft und zog Merry auf die Füße. Er zeigte auf den Weg. „Geh einfach los, Merry, und füll deinen Geist mit dem Ort, an dem du sein möchtest. Du bist schon wieder zurück im Lager, Merry, du musst es nur sehen und glauben. Stell dir unser Lager vor, und Gandalfs Gesicht. Du liegst in einem Zelt, auf einem weichen Bett. Es ist Abend, aber das Zelt wird von dem sanften Licht elbischer Laternen erleuchtet. Du wirst deine Augen öffnen und Gandalf sehen, der auf dich herunterlächelt...“

Merry runzelte die Stirn. „Kommst du nicht mit?“

„Ich bin schon dort,“ sagte Frodo mit einem Lächeln. „Geh jetzt los. So ist’s recht. Stell dir Gandalfs Gesicht vor. Unser Lager... ein milder Abend... Gandalf...“

******

„Gut gemacht, Frodo... schon gut, ich halte dich.“

Frodo konnte seine Augen nicht öffnen, er konnte sich nicht bewegen. Starke Arme stützten und wiegten ihn sanft. Die Schwäche und das Fieber, die er beinahe vergessen hatte, schlugen wieder über ihm zusammen. So heiß und schwindelig... Stimmen...

„Sein Fieber ist noch höher gestiegen. Er ist sehr schwach, Gandalf, wie ich befürchtet habe, und er wird mehrere Tage völliger Ruhe brauchen, wenn wir das Fieber erst einmal gebrochen haben. Sam, ist das Bad vorbereitet? Gieß den Rest davon hinein, und du kannst helfen...“

Frodo fühlte, wie man ihm das Nachthemd über den Kopf zog, und dann wurde er sachte in kühles Wasser hinabgesenkt, das nach Athelas duftete. Er seufzte und entspannte sich in den Armen, die ihn noch immer stützten. Es war nach wie vor eine zu große Anstrengung, die Augen zu öffnen, und er fühlte sich beängstigend schwach. So müde...

„Es ist schon gut,“ murmelte Elronds Stimme dicht an seinem Ohr. „Wir halten dich, Kleiner. Du hast es sehr gut gemacht. Überlass dich jetzt dem Schlaf. Schshsh...“

*****

Merry spürte eine kühle Brise auf seinem Gesicht... von irgendwoher kam der Duft von Athelas, und er atmete das frische, lebendige Aroma tief ein. Jemand hielt seine Hand. Langsam bekam er die ersten Gesprächsfetzen mit.

„... sehr schwach, Gandalf... wird mehrere Tage... Sam... du kannst helfen...“ Und dann eine andere vertraute Stimme, näher bei ihm. „Ah, ich glaube, Merry wacht auf... Merry? So ist’s recht, tief atmen. Gut. Merry, mach die Augen auf.“

Gandalf, der auf Merrys Bett saß, lächelte erleichtert, als Merrys Augen sich öffneten und auf ihn konzentrierten.

„Kennst du mich, Merry?“ fragte der Zauberer ruhig. „Weißt du, wo du bist?“

„Ich...“ Merry schaute sich um. „Das ist nicht unser Zelt. Wie bin ich hier hingekommen?“

„Das ist eine ziemlich lange Geschichte.“ erwiderte Gandalf. „Was ist das Letzte, woran du dich erinnerst?“

„Wir waren im Bett, und Pippin hat Witze darüber gerissen, dass er den ganzen Krieg allein gewonnen hätte.“

„Das war letzte Nacht, Gandalf,“ warf Sam ein. „Herr Merry, erinnerst du dich an gar nichts mehr von dem, was heute war?“

Merry setzte sich auf und blickte staunend umher. Elrond und Sam badeten Frodo, der aussah, als würde er schlafen oder sei bewusstlos. Elrohir saß ganz in der Nähe und sprach leise mit Elladan, der ebenfalls im Bett lag und zuletzt sah er Pippin – ebenfalls schlafend, den Arm verbunden. Merry drehte sich zurück zu Gandalf; sein Blick fragte nach einer Erklärung.

„Du, Pippin und Elladan, ihr seid heute morgen ganz früh gegangen, um Höhlen zu suchen, weißt du noch?“ erinnerte ihn Gandalf. „Es hat geregnet, und...“

Merry schnappte plötzlich nach Luft und seine Augen wurden groß. „Die Höhle! Saruman hat uns gefunden, und...“ Er klammerte sich plötzlich an das Gewand des Zauberers, und sein Atem wurde rasch und flach. „Er... er hat etwas gemacht... ich konnte nicht...“

„Ich weiß. Er wird dir nicht mehr schaden, Merry. Er und sein Diener werden wohl bewacht.“

„Es tut mir so leid, Gandalf,“ sagte Merry gequält. „Ich hab ihm von Frodo erzählt. Ich hab das nicht gewollt, ich schwör’s.“

„Merry,“ sagte Gandalf sanft. „Gegen einen Zauberer, selbst gegen einen, dessen Macht wie bei Saruman gemindert ist, können nur wenige lange bestehen.“

„Frodo hat es getan,“ sagte Merry, die Augen auf seinen Vetter gerichtet. „Das hättest du sehen sollen, Gandalf.“

„Das habe ich,“ sagte Gandalf mit einem Lächeln. „Frodo hat diese Erinnerung mit mir geteilt.“

„Ist er...“ Merry schaute sich im Zelt um. „Geht es allen gut?“

„Das wird es bald.“ versicherte ihm Gandalf. „Pippins Arm wurde verletzt und er hat ein bisschen Fieber – aber du weißt, dass dein Vetter nichtsdestoweniger rechtzeitig zum Frühstück aufwachen wird.“ Merry grinste ihn an. „Elladan wurde unter einem schweren Balken eingeklemmt, aber er hat es überlebt.“ Er entschied, Merry nichts davon zu erzählen, dass Sarumans Zauber Elladan beinahe den Tod gebracht hatte; je eher Merry hinter sich ließ, was ihm geschehen war – ihnen allen – umso besser. „Und Frodo,“ fuhr Gandalf fort. „leidet noch an dem Fieber, dass du schon in der Höhle bemerkt hast.“

„Er war so stark, Gandalf.“ Merrys Augen füllten sich mit Tränen. „Ich hätte imstande sein sollen, zu...“

„Merry.“ sagte Gandalf fest. „Frodo war imstande, Saruman zu widerstehen, weil er gelernt hat, dem Ring auf die gleiche Weise standzuhalten. Du hättest nicht das selbe tun können, und du solltest nicht glauben, dass du gewusst hättest, wie man den Zauber von jemandem wie Saruman erkennt und bekämpft.“

„Also schön.“ Merry seufzte. „Aber ich erinnere mich...“ Er schloss für einen Moment die Augen. „Ich konnte meinen Weg zurück nicht finden. Frodo... bilde ich mir bloß Sachen ein, oder ist er wirklich hinter mir hergekommen?“

„Das ist er wirklich.“ erwiderte der Zauberer schlicht.

„Wie?“

„Das, mein Freund, ist eine Geschichte für morgen früh. Erschrick nicht, wenn deine Erinnerungen an den heutigen Tag nicht vollkommen klar sind. Du bist wieder bei uns zurück, heil und sicher.“ Gandalf stand auf. „Ich schaue nach, was für Essen für einen hungrigen Hobbit zur Verfügung steht.“

Merry nickte, noch immer ein wenig verwirrt. Plötzlich schaute er an sich herunter und stellte fest, dass er andere Kleidung trug als die, an die er sich vom morgendlichen Ankleiden erinnern konnte. Er wollte schon fragen, dann überlegte er sich eines besseren. Vielleicht warf es besser, sich an ein paar Dinge nicht mehr zu erinnern.

*****

Celeborn streckte sich, nachdem er Pippin ein letztes Mal untersucht hatte. Er legte eine leichte Decke über seinen Patienten – und über Merry. Wie Sam hatte sich Merry geweigert, in das Zelt der Hobbits zurückzukehren und statt dessen darauf bestanden, sich dicht neben seinem jungen Vetter zusammenzurollen und „auf ihn aufzupassen“.

„Sam ist endlich eingeschlafen.“ sagte Gandalf mit einem Lächeln und deutete auf eines der Betten.

„Ebenso wie Merry,“ erwiderte Celeborn, „endlich. Ich habe mich gefragt, ob es ihm überhaupt möglich sein würde, zu schlafen. Da sind immer noch ein paar Dinge, an die er sich nicht erinnert, und vielleicht wird er das nie.“ Er seufzte. „Vielleicht ist das ganz gut so.“

„Vielleicht. Das war vielleicht ein Tag, guter Freund...“

„In der Tat.“ sagte Celeborn zustimmend. „Und morgen? Wirst du Saruman erlauben, seiner Wege zu gehen?“

„Ich habe mich noch nicht entschieden,“ erwiderte Gandalf. Beide traten sie zu Elrond, der neben Frodos Bett stand. „Wie geht es Frodo?“ fragte er leise.

„Die Krise ist vorüber.“ antwortete Elrond. „Nun, da das Fieber endlich gebrochen ist, ist alles was ich verordnen kann, Nahrung und Ruhe. Oder wenigstens...“ Er seufzte, „... so viel Ruhe, wie ein sturer Hobbit überredet werden kann, zu ertragen. Sie können ziemlich schwierige Patienten sein.“

„Lasst uns nicht die Sturheit der Elben vergessen,“ sagte Gandalf mit einem Lächeln. „Elladan ist schon ziemlich ungeduldig, aufzustehen und herumzulaufen.“

„Da wir gerade von sturen Patienten reden,“ fügte Celeborn hinzu, „ich fühle mich an einen gewissen Zauberer erinnert, den uns der Fürst der Adler brachte, um geheilt zu werden.“ Er gluckste. „Ich hätte lieber ein Rudel Hobbit-Patienten anstelle eines weiteren halsstarrigen, eigensinnigen, schwierigen...“

„Deine Erinnerung ist irgendwie unzuverlässig,“ sagte Gandalf abwesend. Sein Lächeln verblasste langsam, als er auf Frodos schlafende Gestalt hinabschaute. Elrond und Sam hatten dem geschwächten Hobbit ein zweites, kühlendes Bad verabreicht, in das man das übrige Athelas-Wasser gemischt hatte; danach hatte man ihn wieder in ein weiches Nachthemd gekleidet, bevor man ihn in warme Decken hüllte und zu Bett brachte.

„Er wird heute Nacht nicht mehr aufwachen.“ sagte Elrond ruhig. „das Fieber sinkt, aber er leidet noch immer unter großer Schwäche, und vielleicht auch noch unter den Nachwirkungen von dem Schlag auf den Kopf in der Höhle.“ Er sah, wie Gandalf die Stirn runzelte. „Er wird sich erholen, Gandalf, sie werden es alle. Du vor allen anderem weißt, wie viel Stärke die Hobbits bewiesen haben. Sie haben schon schlimmere Umstände ertragen als diese.“

„Vielleicht hatte Saruman Recht.“ sagte Gandalf plötzlich. Er setzte sich vorsichtig auf das Bett und nahm eine von Frodos kleinen Händen in seine. „Er hat mich beschuldigt, die Hobbits unüberlegt benutzt zu haben, und wenig Gedanken an ihr Wohlergehen verschwendet zu haben in meinem Drang, ein größeres Ziel zu erreichen.“

„Selbst wenn das wahr wäre,“ sagte Elrond, „hatte nicht auch jeder von ihnen die Freiheit der Wahl? Sagen wir eher, dass du ungeahnte Möglichkeiten in den Hobbits gesehen hast, und einzigartige Qualitäten unter allen freien Völkern. Ihre Taten waren und sind wahrhaft bemerkenswert.“

„Friede, mein Freund,“ sagte Celeborn und legte eine Hand auf Gandalfs Schulter. „Selbst du kannst nicht alles voraussehen, außer, dass die Zweitgeborenen vom Schicksal dazu bestimmt waren, in diesem Krieg zu ihrem Recht zu kommen – oder gänzlich in Finsternis zu versinken. Die Hobbits hatten ihre Rolle zu spielen, um das Land, das sie lieben, zu verteidigen.“ Er lächelte, als Frodo sich im Schlaf regte und seine Finger sich unbewusst um die von Gandalf schlossen.

Elrond nickte. „Wir werden niemals wissen, ob selbst jemand wie Aragorn sich am Ende von dem Einen Ring hätte trennen können, hätte er die Fahrt selbst auf sich genommen und ihn zum Orodruin gebracht. Und du kennst besser als irgend jemand die unerwarteten Kräfte und verborgenen Fähigkeiten des Auenlandvolkes. Mein Freund,“ fuhr er fort, „lass nicht zu, dass die Worte der Schlange Selbstzweifel in dir erwecken. Vielleicht bist auch du nicht so unempfindlich gegen seine Stimme wie du glaubst. Saruman der Weiße war ein Wesen von großer Macht; wer kann sagen, zu was er noch imstande ist?“

„Zu weniger als früher,“ sagte Gandalf ruhig. Er entzog Frodo sanft seine Hand, steckte die Decken wieder um den schlafenden Hobbit fest und stand auf. „Saruman ist vielleicht noch zu kleinen Gemeinheiten imstande, aber sein Weg und dessen Ende liegen nicht klar vor mir.“ Er lächelte. „Was ich weiß, ist, dass ich nicht länger um die Hobbits fürchte; sie sind groß geworden und werden sich mit großer Weisheit und mit großem Geschick um ihre Angelegenheiten kümmern.“ Plötzlich wandte er sich an Celeborn. „Und ich war kein schwieriger Patient!“

*****

Stunden später wachte Pippin kurz auf; das Zelt war dunkel und still. Schon bevor er die Augen öffnete, wusste er, dass es Merry gut ging, und er war nicht im geringsten überrascht, als er den Kopf wandte und seinen Vetter neben sich entdeckte. Er lächelte, als Merrys Augen sich öffneten und ihn ansahen.

„Pip?”

„H’llo.“ flüsterte Pippin schläfrig. „Hast du was zum Abendessen gekriegt?“

„Ja.“

„Geht es Frodo gut?“

„Ich glaube schon,“ sagte Merry, der sich nicht sicher war. „Er... er ist gekommen und hat mich geholt, Pip. Ich war verloren...“

„Ich weiß.“ Pippin sah sich ein wenig um. „Wie geht’s Elladan?“

„Hmmpf. Willst du nicht fragen, wie es mir geht?“

„Muss ich nicht.“ sagte Pippin schlicht. „Das weiß ich immer.“

„Oh.”

„Die Herrin hat deinen Mantel gewaschen.“ sagte Pippin gähnend. „Er ist so gut wie neu.“

„Die Herrin hat was getan?“ fragte Merry verblüfft. Er befühlte Pippins Wange; sie war noch immer fieberheiß. „Bist du sicher, dass du das nicht geträumt hast?“

„Und sie haben dein Schwert mit zurückgebracht,“ fuhr Pippin fort, „und Frodos Sternenglas, und...“ Er erzählte Merry davon, was den Tag über im Lager geschehen war (soweit er sich erinnern konnte), „Ich wünschte, ich hätte die aufregenden Teile nicht verschlafen,“ sagte er bedauernd. Er drehte sich auf die linke Seite, um seinen Vetter anzusehen, dann zuckte er zusammen, als der verletzte Arm zu pochen begann.

„Ich habe gehört, du warst tapfer,“ sagte Merry und ließ sein eigenes Kissen sanft unter Pippins Arm gleiten.

„Mhm mhm.“ murmelte Pippin und rückte dichter an Merry heran. „Ich erzähl dir morgen früh davon.“

„Darauf möchte ich wetten.“ Merry gluckste. „Und nur, damit du nicht auf dumme Gedanken kommst, diesen Krieg hast du auch nicht allein gewonnen, du dusseliger Hobbit.“

„Ich weiß.“ Pippin nickte. „Diesmal hatte ich ein bisschen Hilfe.“

„Du verrückter Tuk.“ sagte Merry warm.

„Merry,“ flüsterte Pippin plötzlich, „wen ich da gewesen wäre, hätte ich nie zugelassen, dass Saruman dir oder Frodo weh tut.“

„Ich weiß.“ flüsterte Merry zurück.

Pippin lächelte und schloss die Augen; er entspannte sich langsam, während er in einen friedlichen Schlaf hinüber glitt.

Merry zog die zerdrückten Decken hoch und stopfte sie sorgsam um Pippin fest. Celeborn näherte sich dem Bett mit einem weiteren Kissen und gab es Merry.

„Dankeschön.“ Merry schaute zu dem Elbenfürsten auf. „Geht es Pip bald wieder gut? Wirklich? Er fühlt sich immer noch zu warm an.“

„Es wird ihm gut gehen.“ versicherte ihm Celeborn und legte sanft eine Hand auf Pippins Stirn. „Das Fieber ist stark zurückgegangen.“

„Ich danke Euch für alles, was Ihr getan habt,“ sagte Merry. „Pippin hat mir gesagt, Ihr hättet Euch den ganzen Tag um ihn gekümmert.“

„Es war mir ein Vergnügen.“ Celeborn lächelte. „Wir hatten ein paar sehr interessante Gespräche.“

„Ich weiß. Pip sagte, es täte ihm leid, dass er das Ende Eurer Geschichte nicht gehört hat – darüber, wie Herr Elrond Eurer Tochter den Hof machte.“ Merry grinste. „Wollt Ihr sie mir erzählen?“

„Du hältst doch nicht etwa Merry wach?“ Elrond erschien plötzlich an Celeborns Seite und führte seinen Schwiegervater davon. „Wie überaus gedankenlos von dir.“


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