Von Geist zu Geist (Mind to Mind)
von shirebound, übersetzt von Cúthalion


„Gefährlich ist es, die Künste des Feindes zu tief zu studieren, zum Guten oder zum Bösen.“
(Elrond, „Die Gefährten“, „Elronds Rat“)

Kapitel 8
Entscheidungen

„Elrohir, begleitest du mich?“

Elrohir, der immer noch an der Seite seines Bruders saß, sprang sofort auf. Gandalf nahm seinen Stab, der an einem Tisch in der Nähe lehnte, und er und Elrohir verließen das Zelt. Als sie dorthin gingen, wo Saruman und Schlangenzunge bewacht wurden, sprach Gandalf eine Warnung aus.

„Elrohir, wenn ich dir zu irgend einer Zeit sage dass du gehen sollst, dann zögere nicht, sondern geh sofort.“

„Ich verstehe.“

„Die Elben, die den Zelteingang bewachten, traten beiseite, als die beiden näher kamen, und einer von ihnen sprach leise mit Gandalf. „Wie Ihr befohlen habt, Herr, haben wir ihnen keine Laternen gegeben, damit sie nicht drinnen als Ablenkungsmanöver ein Feuer anzünden.“

Gandalf nickte zustimmend und betrat das Zelt, dicht gefolgt von Elrohir. In dem schwachen Licht wirbelte Saruman – der rastlos hin und her gewandert war – herum, um sie anzustarren. Auf einem Tisch waren die Überreste einer Mahlzeit zu sehen und Schlangenzunge saß auf einer Pritsche und beäugte die Besucher mit einer Mischung aus Furcht und Hass.

„Ihr dürft sprechen.“ sagte Gandalf und deutete mit seinem Stab auf Saruman und Schlangenzunge.

„Also bist du gekommen, um dich an meiner Gefangenschaft zu weiden?“ fragte Saruman schroff. „Denkst du, diese Elben können mich zurückhalten, wenn ich beschließe zu gehen?“

„Sicherlich, Saruman,“ sagte Gandalf milde, „wirst du doch zustimmen müssen, dass deine Unterkünfte irgendwie besser sind als die, die für mich arrangiert hattest.“

Jetzt ignorierte Saruman den Zauberer und sah verächtlich zu Elrohir hinüber. „Immerzu hast du jemanden, der an deinen Rockschößen baumelt; kannst du nichts tun ohne ein Publikum, das deine Tricks bewundert?“ Ganz plötzlich wurden seine Worte sanfter. „Wie steht es um Elladan? Es hat mich bekümmert, jemanden so schwer verwundet zu sehen. In letzter Zeit ist meine Stärke verdorrt, wofür ich Gandalf nicht danke, oder ich hätte mich sicher noch stärker bemüht, ihn zu befreien.“

„Du hast nichts für ihn getan.“ spie Elrohir voller Zorn. „Sprich seinen Namen nicht noch einmal aus, oder ich bringe dich um.“

„Du hast ihn gehört, Gandalf,“ sagte Saruman auf der Stelle, „dieser oder einer seiner fehlgeleiteten Kameraden wird uns im Schlaf ermorden. Ich bestehe darauf, dass du uns gehen lässt.“

„Frieden, Elrohir,“ sagte Gandalf fest, „Lass nicht zu, dass seine lügenhafte Zunge dir Ungemach verursacht. Saruman...“ Er betrachtete den ehemaligen Zauberer grimmig, „es gibt eine Angelegenheit zu besprechen.“

„Er versucht, dich mit einem Trick zu übertölpeln, Meister!“ rief Schlangenzunge plötzlich aus.

„Tricks, Meister Schlangenzunge?“ fragte Gandalf. „Die brauche ich nicht. Ich bin gekommen, deinem Herrn eine Wahl anzubieten.“

„Saruman beäugte den Zauberer wachsam. „Und die wäre?“

„Du wirst deinen Ring herausgeben --- freiwillig, oder er wird dir abgenommen werden.“

Saruman starrte Gandalf mit Augen an, die vor Wut glitzerten. „Niemals. Er ist alles, was mir geblieben ist. Du würdest mich doch nicht meines letzten Erbteiles berauben?“

Gandalf betrachtete ihn gelassen, unbewegt von seinen Worten. „Nimm ihn ab, oder es wird dein Finger sein, der abgenommen wird.“

„Lass es mich tun, Gandalf,“ Elrohir trat vor; seine Hand bewegte sich zum Knauf seines Messers.

„Halt ein,“ sagte Gandalf ruhig. „Saruman, da du jetzt die Erinnerungen des Hobbits teilst, den du so leichtsinnig benutzt hast, wirst du Elrohir als den Bruder des Elben erkennen, denn du für tot in der Höhle zurück gelassen hast. Ich denke nicht, dass er dir mehr Gnade erweisen wird als du seinem Bruder, solltest du noch einen Moment zögern.“

„Der Hobbit, den ich ,so leichtsinnig benutzt habe’? Also das ist es, was du dir selbst einredest, Gandalf,“ sagte Saruman plötzlich. „Mildert dieser Glaube deine eigene Schuld? Wenn irgend jemand die Hobbits leichtsinnig benutzt hat, dann warst das sicherlich du selbst. Du hast vier Nazgûl abgewehrt, bist wie ein Feigling nach Bruchtal geritten und hast deine kostbaren Hobbits der Gnade der fünf Untoten überlassen, die sie gehetzt haben. Bist du umgekehrt, um ihnen zu helfen? Ich weiß, dass du dich mit dem Ringträger ungeachtet jeder Entfernung verständigen kannst; also hättest du jederzeit, während er in Mordor litt, seinen Kummer und seine Qualen lindern können, indem du ihn wissen ließest, dass du noch lebst. Hast du es getan?“ Saruman machte mit glitzernden Augen einen Schritt vorwärts. „Du hast einen jungen Hobbit – ein halbes Kind noch – fast in seinen Tod geschleppt, in die Belagerung und den Brand von Minas Tirith. Sprich nicht zu mir von leichtsinnigem oder gefühllosem Handeln.“ Er lächelte, als ein Ausdruck der Unsicherheit über Elrohirs Gesicht huschte.

„Das Wissen, das du aus Merrys Geist gewonnen hast, wird dir jetzt nichts nützen, Saruman,“ sagte Gandalf gelassen. „Ich bin dir für meine Handlungen oder meine Gründe keine Antwort schuldig. Was geschehen ist, ist geschehen.“ Er streckte die Hand aus und trat vor. „Deinen Ring.“

Saruman sah schwer atmend von Gandalf zu Elrohir; er suchte nach der Möglichkeit einer schnellen Flucht und gab auf. Außer seinem Diener hatte er keinen Verbündeten in diesem Lager, und sie waren umzingelt. Ein neuer Tag mochte neue Hoffnung bringen, aber jetzt...

Mit einer plötzlichen, krampfhaften Bewegung zog Saruman den Ring vom Finger und warf damit nach Gandalf, der sich ruhig bückte, um ihn aufzuheben.

„Komm, Elrohir,“ Gandalf bedeutete dem Elben, ihm vorauszugehen. „Wir müssen uns beeilen.“

„Was wirst du tun?“ fragte Elrohir neugierig, als Gandalf schnell zum Rand des Lagers ging.

„Der Eine Ring konnte nur in den Feuern zerstört werden, in denen er geschmiedet wurde,“ sagte Gandalf grimmig, „aber nicht dieser Ring. Sarumans Wissen ist außergewöhnlich, aber der Ring kann hier und jetzt vernichtet werden. Allerdings wird es mehr als unser kleines Lagerfeuer brauchen, um seine Kunst zu zerstören. – Schütze deine Augen.“ Sie waren nun außer Sichtweite von jedermann im Lager, und Gandalf schleuderte den Ring zu Boden und deutete mit dem Stab darauf. Elrohir hörte den Zauberer Worte in einer Sprache sprechen, die er nicht kannte, und plötzlich loderte ein strahlendes Licht vor seinen geschlossenen Augenlidern auf. Ein fürchterlicher Schrei voller Schmerz – und Zorn – kam aus dem Zelt der Gefangenen, dann wurde alles still.

„Es ist getan.“

Elrohir hörte Gandalfs ruhige Worte und öffnete die Augen. Nichts war jetzt mehr zu sehen von dem Ring außer einem geschwärzten, verformten Metallklumpen, der rauchend auf der Erde lag. Er hatte viele Fragen, aber er stellte sie nicht; die Angelegenheiten der Istari gingen über sein Wissen hinaus, und er war zufrieden damit, es dabei zu belassen.

„Ist Merry von Sarumans Macht befreit worden?“ fragte Elrohir ängstlich.

„Es wird jetzt möglich sein, ihn zu erreichen,“ sagte Gandalf, als sie zum Lager zurückgingen, „aber es mag keine einfache Sache werden.“

„Was wird mit Saruman und seinem Diener geschehen?“

„Das wird man sehen müssen,“ sagte Gandalf gedankenvoll, „Vielleicht sollte er von denen gerichtet werden, denen er Leid zugefügt hat.“ Zurück im Heilungszelt, ging er sofort zu dem Bett hinüber, auf dem Merry lag; Pippin schlief noch immer dicht neben ihm. „Elrohir,“ sagte der Zauberer leise, „es ist Zeit, Pippin in sein eigenes Bett zurückzubringen.“

„Ich werde ihn nehmen,“ sagte Galadriel. Sanft hob sie den schlafenden Zwanziger hoch, der etwas vor sich hinmurmelte, das nur sie allein hören konnte. „Du wirst ihn bald sehen, mein Junge,“ sagte die Herrin leise und trug Pippin zurück zu seinem Bett. Gandalf setzte sich neben Merry und legte seine rechte Hand auf die Stirn des Hobbits. Ein Schauer rann durch Merrys Körper und er schrie auf, als hätte er Angst.

„Genau, wie ich befürchtet habe,“ seufzte Gandalf und hielt sofort inne. Er sah sich um und schaute in die besorgten Gesichter, die ihn umgaben. „Wir müssen miteinander reden, wir alle.“ Er fing Sam’s Blick ein; er war wach und beobachtete ihn von einem Bett aus, das man neben das von Frodo gestellt hatte. „Sam, dies betrifft Frodo. Würdest du dich uns anschließen?“

Gandalf verließ das Zelt, gefolgt von Celeborn, Galadriel, Elrond, Sam und Elrohir, während Wärter bei den anderen Hobbits und bei Elladan blieben. Er führte die Gruppe zu einem grasigen Gelände, außer Hörweite des Lagers.

„Elrohir,“ Gandalf sprach leise. „Du weißt doch, dass dein Vater Vilya trägt, nicht wahr?“

„Das tue ich,“ erwiderte Elrohir, „Er hat es mit gesagt, und auch Elladan und Arwen, vor vielen Jahren; wir ehren ihn sehr dafür.“

„Was du vielleicht nicht weißt, ist, dass Galadriel Nenya trägt, und ich...“ Gandalf hielt seine rechte Hand hoch und beide, Sam und Elrohir, sahen zum ersten Mal einen Ring am Finger des Zauberers. „... ich bin der Wächter von Narya.“

„Ohne einen Augenblick zu zögern, verneigte sich Elrohir tief vor den Trägern der Drei. Sam starrte nur, von Ehrfurcht ergriffen.

„Sam, erinnerst du dich an Frodos Reaktion in der Höhle, als ich mich ihm das erste Mal genähert habe?“ fragte Gandalf den Hobbit.

„Er dachte, du bist Saruman,“ erwiderte Sam.

„Das ist richtig,“ sagte Gandalf erschöpft, „und Merry tut es auch. Sarumans Griff um seinen Geist ist gebrochen, aber in seiner Verwirrung erkennt Merry mich nicht und will meine Stimme nicht hören. Die Vorstellung, dass sich Saruman noch immer in seinem Geist befindet, ist so stark und furchtbar, dass sie anhält – selbst jetzt, da die Quelle von Sarumans Macht dahin ist.“

„Was können wir machen?“ fragte Sam.

„Jemand anderes muss Verbindung mit Merry aufnehmen und ihn zu uns zurückbringen, Sam,“ erklärte Gandalf, „Jemand dem er vertraut und den er lebt.“ Er seufzte. „Nur Frodo kann das tun.“

„Gandalf,“ unterbrach Celeborn, „was ist mit Pippin? Seine Liebe zu Merry ist ebenso groß, und Merry würde sicher kommen, wenn er riefe. Auch er ist durch Verletzung geschwächt, aber im Augenblick ist er sicher stärker als Frodo.“

„Ich habe lange darüber nachgedacht,“ erklärte Gandalf, „und es ist möglich, dass wir Pippin bitten werden, es zu tun, wenn Frodo nicht stark genug ist.“

„Wie kann überhaupt einer von beiden Verbindung mit Merrys Geist aufnehmen?“ fragte Elrohir.

Gandalf wandte sich ihm zu. „Als Pippin und Merry in den Händen der Orks waren, ,sah’ Pippin Aragorn, der sie verfolgte – er wusste es ohne jeden Zweifel.“ Er schaute nachdenklich drein. „In diesem Jungen liegen Möglichkeiten, die größer sind, als er ahnt.“

„Warum fragen wir dann nicht ihn?“ fragte Sam, „Gandalf, Herr Frodo möchte vielleicht niemals wieder einen anderen Ring tragen, niemals wieder.“

„Ich weiß,“ sagte Gandalf zustimmend. „und wenn er es nicht will, dann fragen wir Pippin. Aber Frodo ist die beste Wahl, Sam, und Narya’s Kräfte sind genügend geschwunden, dass er nicht von ihnen überwältigt werden kann. Der Ring, dessen Wärter ich lange war, kann gebraucht werden, um anderen neue Stärke und Zielstrebigkeit zu geben. Merry wird darauf reagieren, und Frodo kann ihm helfen, aufzuwachen. Wenn er Narya trägt, sind Frodos eigene geistige Fähigkeiten – die in letzter Zeit viel stärker geworden sind – mehr als ausreichend, Merry zu uns zurückzubringen.“

„Gandalf,“ Elrond sprach zum ersten Mal, „deine Gründe sind vernünftig, aber es gibt eine Gefahr für Frodo. Vielleicht müssen die Drei hierbei zusammenwirken. Vilya und Nenya gemeinsam können ihn beruhigen und stützen.“

„Du willst ihn doch nicht alle drei tragen lassen?“ schnaufte Sam.

„Nein, Sam,“ Galadriel lächelte. „Er wird nur einen tragen müssen. Aber Gandalf,“ sagte sie besorgt, „die Stärke, die Elrond und ich in Frodo hineinleiten, wird nur zeitweilig sein. Wenn sie zurückgezogen wird, könnte es sein, dass seine Anstrengungen, Merry zu uns zurückzubringen, ihn noch schwächer machen wird als er es jetzt ist.“

„Das ist das Risiko.“ sagte Gandalf zustimmend.

„Und er muss erst einverstanden sein.“ fügte Elrond hinzu.

„Wird er,“ Sam seufzte. „Herr Frodo würde geradewegs nach Mordor zurücklaufen, wenn das bedeutet, dass er Herrn Merry damit hilft.“

„Wir haben keine Zeit zu verlieren,“ sagte Gandalf.

Sie betraten erneut das Zelt, dass die Wärter jetzt, da das Zwielicht sich vertiefte, mit sanft leuchtenden Laternen erhellt hatten. Gandalf, Elrond und Sam gingen zu Frodos Bett, während Elrohir feststellte, wie es Elladan ging. Galadriel zog Celeborn hinüber zu Pippins Lager, wo sie auf den jungen Hobbit deutete und leise mit ihrem Mann sprach.

„Wenigstens ist Frodos Fieber nicht gestiegen,“ sagte Elrond; er legte eine sanfte Hand auf Frodos gerötetes Gesicht, Frodo zitterte nicht länger, er war in tiefen Schlaf gefallen.

„Für Pippin kann man nicht das selbe sagen,“ sagte Galadriel und trat zu ihnen. „Celeborn wird ihm einen milden Schlaftrunk geben, dann wird er den kleinen Entzündungsherd öffnen, der sich in seinem Arm entwickelt hat. Bis zum Morgen sollte es ihm sehr viel besser gehen.“

„Dann haben wir nicht länger eine Wahl,“ sagte Gandalf fest. Noch einmal setzte er sich auf Frodos Bett und zog den kranken Hobbit an sich. Sam stand daneben und schaute unglücklich drein.

„G... Gandalf?“ sagte Frodo schläfrig und öffnete die Augen. „Wie spät ist es?“

„Es ist Abend.“ sagte der Zauberer sanft. Er nahm den Becher, den ihm Elrond gegeben hatte und gab Frodo noch mehr von dem Stärkungstrank, den Elrond ihm in Abständen verabreicht hatte.

Frodo trank durstig. Er versuchte, sich aufzusetzen und zuzuschauen, aber er sank schlaff gegen Gandalf. „Ich fühle mich so schwach...“

„Sich mit Sarumans Willen zu messen ist keine kleine Heldentat,“ sagte Elrond und nahm den leeren Becher zurück. „Wenn dein Fieber einmal gebrochen ist, solltest du dich schnell erholen. Das Tonikum hat deinen Husten gelindert, und deine Stärke wird bald zurückkehren.“ Wenn dir genügend Ruhe gestattet wird, dachte er. Gandalf fing den Gedanken auf, sah hoch und begegnete dem Blick des Elbenfürsten.

„Wie geht es allen?“ fragte Frodo.

„Pippin schläft,“ sagte ihm Gandalf. „Sein Arm wurde in der Höhle verletzt, und Celeborn hat sich um ihn gekümmert. Du kannst ihn morgen früh sehen. Elladan ist...“

„Elladan geht es viel besser, Frodo,“ sagte Elrohir; er kam zu ihnen herüber. „Mehrere Rippen sind gebrochen, aber die Wunden von Elben heilen sehr schnell. Er ist wach und bereits ungeduldig, obwohl er erst ein paar Stunden ans Bett gefesselt ist. Es quält meinen Bruder, dass er euch nicht zu Hilfe eilen konnte, als Saruman dich und Merry gefangen genommen hat.“

„Wie hätte er das denn tun sollen?“ fragte Frodo verwundert. „Er hat Glück, dass er überhaupt noch lebt.“

„Ich bin ganz deiner Meinung,“ Elrohir lächelte. „Vielleicht bist du freundlich genug, ihn dessen morgen noch einmal zu versichern.“ Er beugte sich vor, um Frodo auf die Stirn zu küssen, dann ging er.

„Sam,“ sagte Frodo besorgt, „du siehst so müde aus...“

„Mach du dir keine Sorgen um mich, Herr,“ erklärte Sam, „ich kann mich ausruhen, wann immer ich mag.“

„Aber das hast du nicht getan, oder?“ Dann drehte sich Frodo herum, damit er Merry sehen konnte, der ganz in der Nähe lag. „Gandalf, was ist mit Merry?“

„Merry ist es, über den wir reden müssen,“ sagte Gandalf. Er erklärte Frodo, dass Sarumans Ring vernichtet worden war, und dass Merry nun erreicht und aufgeweckt werden konnte.

„Er wird nicht auf mich hören, denn er glaubt, ich sei Saruman – so wie du ganz zu Anfang.“ fuhr Gandalf fort. „Ich denke, er wird nur zurückkehren, wenn er von jemandem geführt wird, den er liebt und dem er vertraut.“

Er nahm einen Ring vom Finger und hielt ihn vor Frodos Augen hoch. Der tiefrote Edelstein glitzerte im Licht der Lampen, und Frodo hielt den Atem an.

„Hast du den diese ganze Zeit über getragen, Gandalf?“ fragte Frodo. „Wie hast du ihn verborgen?“

Gandalf lächelte. „Die Drei verbergen sich selbst, Frodo, als Antwort auf den Geist und Willen derer, die sie tragen.“

Frodo schaute zu ihm auf. „Du willst, dass ich Merry zurückrufe, nicht wahr? Indem ich dies da benutze.“

Gandalf schüttelte voller Bewunderung den Kopf. „Du siehst sehr klar, mein lieber Hobbit. Ich habe den Verdacht, du könntest mit der Zeit einige recht bemerkenswerte Fähigkeiten in dir erwecken. Wir könnten dich viele Dinge lehren.“

„Vielleicht werden wir eines Tages die Zeit dazu haben,“ flüsterte Frodo.

„Vielleicht werden wir das,“ murmelte der Zauberer. „Aber jetzt...“ Frodo griff nach dem Ring, aber Gandalf zog ihn zurück. „Frodo, hör mir zu. Obwohl ich Furcht davor habe, länger zu warten, ist dieser Akt nicht gefahrlos für dich. Elrond und Galadriel werden dir an Stärke geben, soviel du ertragen kannst, aber...“

„Ja,“ sagte Frodo fest. Wieder griff er nach dem Ring, und Gandalf ließ ihn auf den Mittelfinger seiner linken Hand gleiten.

„Er schrumpft nicht,“ sagte Frodo und schloss seine Finger zu einer Faust, damit der Ring nicht herunterrutschen konnte.

„Mit der Zeit würde er sich dir anpassen.“ Gandalf lächelte. „Nur der Eine Ring allein änderte sich sofort für die Hand seines Trägers.“

„Wie fühlt er sich an, Herr Frodo?“ fragte Sam neugierig.

„Er fühlt sich nicht...“ Frodo schüttelte den Kopf. „Ich fühle überhaupt nichts.“

„Narya erwartet deinen Willen,“ erklärte Gandalf, „Er wird hell vor Merry aufleuchten und ihn daran erinnern, wer er ist, und wie er zu uns zurückkehren kann. Aber du musst ihn zuerst erreichen und ihn davon überzeugen, dass es sicher ist.“

Frodo nickte. Noch nie hatte er sich so schwach gefühlt, und das Fieber machte ihn schwindelig und fast unerträglich benommen. Er sehnte sich danach, zu schlafen... aber Merry brauchte ihn.

Gandalf hob Frodo hoch und trug ihn zu Merrys Bett; er legte ihn an der rechten Seites seines Vetters nieder. Galadriel und Elrond standen bereit.

„Was soll ich...“

Gandalf lächelte und nahm Frodos linke Hand; er legte sie – und den Ring – auf Merrys Stirn.

„Ruf ihn ganz einfach, Frodo,“ erklärte Gandalf. „Mal sein Gesicht in deinen Geist, und lass ihn wissen, dass du bei ihm bist. „Lass ihn wissen, dass es sicher ist, zurückzukehren.“

Frodo nickte und schloss die Augen. Elrond legte eine Hand auf Frodos Stirn, und Galadriel nahm die Hand des Hobbits in die ihre. Er fühlte sich sofort, als sei er in Licht gebadet – blau, gold und weiß. Er fühlte sich leicht und heiter, sicher gehalten und gestärkt.

„Merry,“ flüsterte er innerlich. Merry...


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