Unterwegs mit dem anderen Zauberer - Eine Reise zur Heilung
(Following the other Wizard - A Journey into Healing)
von jodancingtree, übersetzt von Cúthalion



Kapitel 23
Waffenruhe

Yargas Verhalten gegenüber Frodo kam ihm vor wie eine Art unbehaglicher Waffenstillstand. Er sah den Hobbit nie direkt an, ebenso wenig wie Frodo es tat, aber sie überwachten sich gegenseitig. Frodo achtete sorgfältig darauf, sich außerhalb seiner Reichweite zu halten, vorzugsweise mit dem Feuer zwischen ihnen.  

Canohando blieb bis zur vierten Nacht besinnungslos. Die anderen Orks schliefen, nachdem sie den ganzen Tag über an seiner Seite geblieben waren und Radagast genau überwachten, während er sich um ihn kümmerte. Endlich war der Zauberer gegangen, um an Ruhe zu finden, was er bekommen konnte, und es blieb Frodo überlassen, bei Canohando zu wachen. Das Feuer brannte nieder, und Frodo saß da und sprach leise zu dem Ork - mehr, um sich selbst wach zu halten, als aus irgendeinem anderen Grund.     

Er dachte nicht wirklich darüber nach, was er sagte, aber die ganze Zeit über liebkoste er Canohandos Hand; die schuppige Haut und die dicken, rissigen Nägel bemerkte er kaum noch. Er fuhr zusammen, als eine heisere Stimme krächzte: „Dann bist du also noch am Leben, Kümmerling? Ich muss dich wohl herausgeholt haben.“

Der Ork befreite seine Hand und kämpfte darum, sich zu erheben, aber er konnte nicht allein sitzen, ohne zu fallen; Frodo fing ihn auf und ließ ihn wieder auf die Decke hinab.  

„Warte, ich hole dir etwas Brühe. Du bist seit Tagen ohne Essen – natürlich bist du schwach.“

„Schwach! Ich komme viele Tage aus, ohne zu essen, nicht so wie du, Kümmerling! Ich sollte dich dafür in zwei Hälften brechen, aber – erst will ich etwas  von dieser Brühe haben.“  

Frodo gluckste und kniete sich hinter den Ork; er stützte ihn und hielt den Becher in seinen Händen gerade. Canohando leerte ihn und zeigte an, das er sich wieder hinlegen wollte.

„Drei Tage.“ sagte Frodo, der erriet, was er fragen wollte.

„Und Yarga? Der alte Mann hat ihn erschlagen?“ Die Stimme des Orks war trostlos. 

Natürlich würde er das annehmen, nachdem er Radagast nicht so gut kannte, wie Frodo es tat. „Nein, er hat Lash hinter ihm her geschickt, um ihn zurückzuholen. Sie schlafen dort drüben.“ Er deutete auf die andere Seite des Feuers.

Canohando starrte erst den Deckenhügel an, danach Frodo. „Seid ihr verrückt, ihr alle beide?“ flüsterte er. „Denkt ihr, ihr wärt jetzt sicher, nur, weil ich dich einmal gerettet habe? Nicht einmal vor mir bist du sicher! Und Yarga…“ Er schloss erschöpft die Augen. „Du spielst mit dem Tod, Neunfinger. Das wird dein Ende sein.“

Frodo zog die Decken wieder über ihn, ehe er sprach. „Wenn Radagast ihn getötet hätte – denn wie hätte ich es tun können? Mein Schwert gegen seinen Bogen? – wenn Radagast ihn getötet hätte, sage ich, obwohl ich nie gesehen habe, dass er je ein Leben genommen hat, und ich bin viele Meilen mit ihm gereist – was würdest du dann tun? Würdest du bei uns bleiben?“

Der Ork blickte weg, in die Dunkelheit hinein.

„Canohando – ich hätte nichts anderes tun können als das, was ich getan habe, aber – weil ich den Ring ins Feuer getragen habe, sind nur noch drei Orks in Mordor übrig. Ich möchte nicht der Grund für weiteren Tod sein. Außerdem möchte ich sehen, wie du das Joch von Mordor abwirfst.“

Canohando stützte sich auf einen Ellbogen. „Du bist wahnsinnig. Hol mir noch einen Becher von dieser Brühe – ich brauche meine Kraft zurück.“

Frodo war verblüfft darüber, wie rasch sich der Ork erholte. Bis zum Morgen konnte er ohne Hilfe sitzen; er verschlang Fleischbrocken so schnell, wie Frodo sie über dem Feuer braten konnte. Am Nachmittag ging er um das Lager herum, mit Lash und Yarga, die seine Schritte beschatteten. Am nächsten Morgen war er eifrig darauf bedacht, weiterzukommen. Radagasts Versuch, seinen Verband zu wechseln, lehnte er ab.

„Mir geht es gut genug, alter Mann. Wohin reisen wir jetzt?“

Radagast betrachtete ihn von oben bis unten, als wollte er seine Ausdauer einschätzen. „Ich hatte daran gedacht, mich nach Süden zu wenden. Ich verspüre ein Verlangen, zu sehen, wie die Dinge im Land von Núrn stehen, und ich möchte meine Füße in das Núrnen-Meer tauchen.“

„Dann verlassen wir Mordor?“ fragte Frodo.

„Nein, wir gehen zu seinem Brotkorb. Saurons Armeen mussten ernährt werden, weißt du, und es gab weder genügend Jäger noch Beute, um sie alle zu füttern. Der Großteil der Nahrung kam aus Núrn. Aber was kam in dieses Land, nachdem sein Herr nieder geworfen wurde?“

Als sie aufbrachen, blieb Frodo dicht bei Radagast, und Canohando ging hinter ihnen, zwischen seinen Kameraden. Die Orks redeten leise in ihrer eigenen Sprache miteinander, aber allmählich wurden ihre Stimmen immer lauter, und sie fielen weiter zurück.

„Geh weiter, Esel,“ murmelte Radagast. „Lass sie das untereinander klären.“

Die Sonne stand über ihren Köpfen, als sie anhielten, um zu rasten und zu essen, und inzwischen waren die Orks nirgendwo zu sehen. Frodo und der Zauberer hatten ihre Mahlzeit beendet; sie saßen träge und zufrieden im Sonnenschein und rauchten ihre Pfeifen, als Canohando herangestakst kam. Er bewegte sich steif, und er hatte einen langen Schnitt den einen Arm hinunter. Das Blut war bereits trocken.

„Ist noch Essen übrig, Kümmerling? Wir haben heute nicht gejagt.“

„Es gibt Essen.“ Frodo legte seine Pfeife beiseite und ging das Feuer schüren. Er war immer noch mit Kochen beschäftigt, als die anderen dazukamen. Lash stützte Yarga, der sich einen blutigen Lumpen gegen die Seite drückte. Er sah so aus, als hätte er außerdem einen Schlag über den Kopf bekommen.

Radagast machte Anstalten, zu ihm zu gehen, aber Canohando stieß den Zauberer mit dem Ellbogen beiseite. „Ich werde mich um ihn kümmern, alter Mann. Gibst du mir Verbände und etwas von dem Kraut, das du immer benutzt?“

Radagast reichte ihm, worum er gebeten hatte, und setzte sich wieder. Canohando kniete sich dorthin, wo Yarga auf dem Boden ausgestreckt lag  und sprach leise mir ihm, während er die Wunde wusch und verband. Er weichte ein weiteres Tuch in dem Athelas-Wasser ein und wickelte es um den Kopf des kleineren Orks. Endlich brachte er ihm Essen und einen Becher Tee, noch bevor er sich selbst etwas zu Essen holte. Die ganze Zeit über beobachtete ihn Yarga; seine schwarzen Augen folgten jeder Bewegung von Canohando mit einer Intensität, die Frodo verstörte.

An diesem Tag reisten sie nicht weiter. Yarga schlief ein und die anderen Orks saßen bei ihm und gaben ihm mit ihren Körpern Schatten. Lash blies leise in seine Flöte; es hörte sich an wie die Singvögel in den Bergen. Radagast machte einen frischen Athelas-Kräutersud, tauchte ein Tuch hinein, wrang es aus und machte sich daran, das Blut von Canohandos Arm zu waschen. Der Ork erhob keinen Widerspruch.

„Wirst du dieses Kraut in Mordor anpflanzen, alter Mann? Es wäre gut, wenn es hier wächst.“

Radagast nickte. „Im Gorgoroth ist das Klima dafür zu trocken, aber in den Bergen könnte es gedeihen.“

„Das nützt uns nichts. Die Berge sind von Gondor besetzt.“

 „Es gibt andere Berge, nördlich und südlich von Gondor, nicht nur in der Nähe davon. Haben dort auch Orks gelebt, vor den Krieg?“

Der Ork zuckte die Achseln. „Vielleicht. Ich bin nicht dort gewesen.“  

„Die nördlichen Berge erstrecken sich weit nach Osten, und ich glaube, dieses Land ist dünn besiedelt. Dort könntet ihr ein Zuhause finden.“ 

„Vielleicht,“ sagte der Ork wieder. Der Zauberer kramte in seinem Sack herum und förderte einen kleinen, irdenen Krug mit Holzstöpsel zutage. Er grub einen Klecks stark riechender Salbe heraus und schmierte ihn auf Canohandos Wunde.  

„Wir werden dort hingehen, nachdem ich Núrn gesehen habe,“ sagte er. „Irgendwo werden wir einen Platz finden für euch drei.“ Am nächsten Tag reisten sie weiter, und dieses Mal blieben die Orks bei ihnen.  

Der Winter in Mordor war angenehmer, als Frodo erwartet hatte. Manchmal regnete es, aber ohne Wind oder Donner, nur ein stetiger Strom von Wasser aus einem grauen Himmel. Die meisten Tage waren kühl und trocken, und manchmal bekamen sie die Sonne für ein Weilchen zu Gesicht, bevor die Wolken sie wieder verdeckten. Nachts war es kalt, und sie waren froh, dass sie sich in Decken gehüllt um ihr kleines Feuer drängen konnten, während Radagast ihnen Geschichten aus dem Ersten Zeitalter erzählte. Frodo war überrascht, wie wenig die Orks wussten; all diese Erzählungen schienen ihnen nicht vertraut zu sein, und sie hörten gebannt zu.  

Aber noch stärker als auf die Geschichten reagierten sie auf Musik. Radagast gewöhnte sich an, jede Nacht, bevor sie einschliefen, Flöte zu spielen, und die Orks lauschten wie verzaubert: selbst Yargas Augen verloren ihr Feuer, solange die Musik andauerte, und Lash versuchte ungeschickt, mit seiner Flöte einzustimmen; er verwob unpassende Vogelstimmen  mit jeder Melodie. Manchmal schuf Yarga einen Rhythmus zu Radagasts Lied, indem er sich hart auf die Schenkel schlug. Sein Blick war nach innen gewandt, und er war in irgendeiner eigenen Welt verloren.   

Während sie sich auf den Weg nach Süden machten, fiel der Regen regelmäßiger, und sie wateten durch viele kleine Flüsse, die von Weiden und Riedgras gesäumt waren. Eines Nachmittags erreichten sie die Anhöhe einer kleinen Erhebung und fanden vor sich gepflügtes Land; zarte Setzlinge aus irgendeinem Getreide brachen gerade erst durch die Erde. Während sie dastanden und diese hoffnungsvolle Landschaft anstarrten, wurden sie plötzlich von einer Truppe kleiner, gedrungener Männer herausgefordert, die so unvermittelt auftauchten, als wären sie geradewegs der Erde entstiegen.  

„Orks! Geht zurück! Hier ist kein Platz für Euch!“ Die Männer trugen kurze Schwerter und Metallhelme. Aber ansonsten waren sie unbewaffnet; sie kleideten sich in lose Hemden und sackartige Hosen, die eng um die Knöchel geschnürt waren, und ihre Füße waren nackt. Allerdings war ihr Auftreten grimmig und entschlossen, trotz ihrer buntscheckigen Erscheinung.

„Geht zurück!“ sagte der Sprecher noch einmal und trat vor, den Arm mit dem Schwert nach vorne gereckt.

Yarga hatte seinen Bogen bereits gespannt, aber Canohando riss ihn ihm aus den Händen und schaute Radagast an. Das ist deine Sache, sagte sein Blick deutlich genug; es war dein Wunsch, hierher zu kommen.

„Wir werden nicht gegen euren Willen euer Land betreten,“ sagte der Zauberer milde. „Seid ihr Männer von Núrn?“  

„Männer und Frauen,“ war die Antwort, und Frodo schaute genauer hin; er entdeckte überrascht, dass die Sprecherin und mehrere ihre Gefolges Frauen waren. Ihre Stimme war so tief wie die eines Mannes, und in den sackartigen Kleidungsstücken sahen sie sich sehr ähnlich.

„Wir sind die Verteidiger unseres Landes, und wir werden keine Eindringlinge dulden. Die Sklaventreiber sind weggerannt, als die Erde bebte, und wir wollen sie nicht wieder zurückhaben.“

Radagast nickte. „Das ist sicherlich euer Recht. Dann sind alle Orks, die hier waren, fort?“

„Fort.“ Sie hielt inne, dann sprach sie fast gegen ihren Willen weiter. „Manche wurden getötet. Viele. Aber dann kam der Himmelblaue und sagte uns, dass wir Böses täten, also vertrieben wir die, die noch übrig waren, in die Östliche Einöde und ließen sie gehen. Aber böse oder nicht, wir werden jeden Ork töten, der versucht, hier wieder einzudringen!“  

Radagast starrte sie an. „Der Himmelblaue?“ sagte er. „Von welcher Art war er?“           

Die Frau betrachtete ihn von oben bis unten. „Größer als du, mit heller Haut und hellem Haar… aber trotzdem irgendwie ähnlich. Er kam zu uns im ersten Sommer, nachdem die Erde bebte; da waren wir noch im Krieg gegen das Ork-Volk, und niemand dachte daran, die Felder zu bepflanzen. Er war ganz in Blau gekleidet, wie der Himmel. Und er erinnerte uns daran, dass niemand am Leben bleiben würde, wenn wir keine Nahrung anbauten.“ 

„Und ist er immer noch bei euch?“ Die Stimme des Zauberers war voller Eifer, aber die Frau schüttelte den Kopf.

„Nein. Er ging den Orks hinterher, in den Osten.“  

Radagast seufzte. „Na schön… ich hoffte, ich hätte jemanden von meinem eigenen Orden gefunden, aber ich bin zu spät. Denn das war er wohl, nehme ich an. Wir kamen gemeinsam an diese Küsten, die fünf Istari, aber wir blieben im Westen, Gandalf und ich, und Saruman. Die Blauen Zauberer gingen in den Osten, und wir hörten nichts mehr von ihnen. Eines Tages muss ich nach ihnen suchen, aber jetzt ist nicht die Zeit dafür.“ Er starrte einen Moment zu Boden, als wäre er tief in Gedanken, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder zu der Frau zurück. „Dann lebt ihr Leute von Núrn jetzt in Frieden? Und ihr zieht die Nahrung für euch selbst, nicht für die Armeen des Dunklen Herrschers.“

Die Frau nickte. „Miteinander leben wir in Frieden, und wir gehen an unseren Grenzen Streife, falls das Ork-Volk zurückkommt.“

„Das ist gut. Wir werden euch verlassen und einen anderen Weg nehmen.“ Er drehte sich auf dem Absatz um und fing an, den Weg wieder zurückzugehen, den er gekommen war; Frodo und die Orks folgten ihm. Einmal blickte Frodo über die Schulter zurück und sah, dass die kleine Truppe sie noch immer beobachtete, die Schwerter gezückt und bereit, falls sie etwa daran dachten, wieder zurückzukommen.

Bald danach schlugen sie ein Lager auf; sie aßen, saßen um das Feuer und lauschten auf Radagasts Flöte. Und dann hörten sie aus der Dunkelheit, weit hinten aus dem Land von Núrn, Musik, die ihnen antwortete; hauptsächlich Trommeln, die mit einem komplizierten Rhythmus geschlagen wurden, und auch eine Art musikalisches Klagen, hoch und geisterhaft in der Nacht.

Yarga hatte rücklings auf dem Boden gelegen, halb eingeschlafen, aber beim Klang der Trommeln setzte er sich auf und lauschte gespannt. Bald schlugen seine Hände einen antwortenden Rhythmus gegen seine Schenkel, und Radagast hörte auf zu spielen, um die weit entfernten Trommeln und Yargas Antwort darauf besser hören zu können. Als die Musik endlich verstummte, legte der Ork sich wieder hin, den Arm über den Augen. Canohando sagte etwas zu ihm, aber er wandte das Gesicht ab und antwortete nicht.

Während der Nacht schlüpfte Lash davon. Als sie in der Morgendämmerung aufwachten, war er weg, und Canohando war außer sich. „Er ist zurückgegangen zu diesen Snaga,“ sagte er Radagast mit einer Stimme, die verkrampft war vor Furcht. „Er ist zu ihnen zurückgegangen, und sie werden ihn umbringen.“

Radagast nickte. „Bleibt hier, ihr drei. Ich gehe hinter ihm her.“ Aber hatte nicht mehr getan, als seinen Stab zu ergreifen, als Lash ins Lager zurückkehrte; er sah aus, als wäre er sehr zufrieden mit sich.

„Hier,“ sagte er zu Yarga und drückte ihm etwas in die Hände. „Jetzt wirst du für uns am Feuer spielen, zusammen mit dem Heiler.“

Es war eine Trommel, das Holz mit verwickelten Schnitzereien bedeckt, der Lederkopf so blass, dass er fast weiß wirkte. Sie hatte einen Lederriemen auf einer Seite, der offenbar dazu gedacht war, dass man ihn während der Reise am Gürtel festhakte.

Yarga drehte sie in den Händen, starrte erst sie an und dann Lash. „Wie hast du sie dazu gebracht, sie dir zu geben?“

„Ich habe sie eingetauscht.“ Lash blickte zu Radagast hinüber, als wartete er auf dessen Anerkennung. „Getötet habe ich niemanden, Heiler! Ich habe mich da hingesetzt, wo wir uns gestern begegnet sind, und ich habe Vogelstimmen gespielt, bis sie kamen, um nachzuschauen, was für ein Vogel das ist, der nachts singt und so viele Stimmen hat – ich habe meine Flöte gegen die Trommel eingetauscht.“

Frodo dachte, dass er in der Stimme des Orks Bedauern hörte, der verlorenen Flöte wegen, aber Lash blickte Yarga an. „Spiel sie,“ drängte er. „Lass die da drüben hören, was ein Ork mit einer Trommel anfangen kann.“

Yarga stand einen Moment auf und strich mit den Händen über das geschnitzte Holz, dann lachte er laut; es war beinahe der erste Klang echter Freude, den Frodo je von ihm gehört hatte. Er setzte sich mit der Trommel zwischen den Knien hin und beugte sich darüber wie ein Liebender.

Es war unglaublich, was Yarga mit einer Trommel anstellen konnte. Sie sang unter seinen Händen; sie rief und schrie und klang durch die Morgenluft wider, und Canohando und Lash fingen an, mitzuklatschen. Frodo stellte fest, dass er selbst klatschte, und Radagast zog seine Flöte heraus und spielte im Hintergrund; er überließ Yarga die Führung und die Flöte folgte, wohin die Trommel leitete. Es war eine wilde Musik, die sie an diesem Morgen machten, dicht hinter der Grenze von Núrn, und bevor sie vorüber war, tanzten Canohando und Lash und sogar Frodo in einem weiten Kreis um die beiden Musiker, bis Frodo die Luft ausging und er lachend daranging, das Frühstücksfeuer anzuzünden.

„Da hast du einen guten Tausch gemacht,“ sagte Radagast zu Lash, während sie aßen, „und doch wünschte ich mir, du hättest deine Flöte noch. Ich habe anfangen, es zu lieben, dass Vögel um unser Abendfeuer singen.“  

„Ich hoffte…“ Lash starrte auf den Boden zu des Zauberers Füßen; er klang seltsam scheu. „Ich hoffte, du würdest mir eine andere machen.“

Radagast lächelte, als würde ihm diese Bitte gefallen. „Ich werde etwas Besseres tun als das, mein Freund. Ich werde dich lehren, dir selbst eine zu machen; dann musst du nie wieder ohne Musik sein, und dann kannst deine Flöten eintauschen, wenn du magst, für alles, was du brauchst. Und nachdem wir Núrn nicht betreten können, sollten wir uns jetzt vielleicht den nördlichen Bergen zuwenden und einen Ort für drei Orks suchen, die nicht nach Hause gehen können.“

„Es gibt einen Ort, wo ich gerne zuerst hingehen würde,“ sagte Canohando, und Radagast schaute ihn fragend an.

„Ich möchte sehen, was aus Lúgbúrz geworden ist.“  

Sie starrten ihn schweigend an, und die Stille wurde immer schwerer, je länger sie dauerte.

„Ich will es sehen,“ bekräftigte er, obwohl niemand etwas gesagt hatte. „Ich weiß, es ist vernichtet, das muss es sein! Aber ich muss es selbst sehen, bevor ich mich abwende und mich daran mache, ein neues Zuhause zu finden.“

„Wenn du es sehen musst, dann werden wir dort hinreisen,“ sagte der Zauberer.

Canohando nickte befriedigt, und Frodo biss sich auf die Lippen. Er würde sich nicht weigern, zu gehen, wohin Radagast ihn führte, aber mehr als irgendeinen Platz in Mittelerde fürchtete er Barad-Dûr, das Lúgbúrz der Orks. Er war einmal rechtzeitig entkommen, bevor man ihn an diesen Ort verschleppen konnte, aber jetzt schien es, als würde er doch dorthin müssen.


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