Sara Lisse Bittersüß (Sara Lisse Bittersweet)
von Erin's Daughter, übersetzt von Cúthalion

Anziehung. Es gibt keine großartigere Untertreibung… eine Zusammenfassung und ein Ausdruck für alles, was ich in jener Nacht empfand. Wie konnte ich das freudig erwarten, was ich nie zuvor erfahren hatte? Ich beobachtete dich, wie du mit meinen Brüdern am Kamin standest. Die Glut des Feuers beleuchtete das Schwarz und Silber deiner Bestimmung und krönte den Baum auf deiner Brust mit Flammen. Doch was war mit dem inneren Feuer, Elessar? Endlich trugst du die Tracht deines Erbes; hast du, während du über irgendeinen Scherz eines meiner Brüder gelacht hast, die Hitze gespürt, die Vorfreude auf das andere, was dir dein Erbe außerdem noch eingetragen hatte?

Was hast du gedacht, Liebster? Du hast deinen Kopf gehoben, und unsere Blicke trafen sich und hielten einander fest. Deine Augen waren voll von der Selbstgewissheit deines Sieges, der ruhigen Hinnahme deines Schicksals und… etwas anderem. Liebe leuchtete mit hellem Feuer in der Seele, die ich so gut kannte; ich spürte, wie Verlangen mich durchflutete, warm und lockend, als das Grau deiner Augen sich zu Schatten vertiefte, voller Versprechen.

Und doch war da auch Bedauern über den Verlust, den wir bereits zu ertragen hatten. Ich erwiderte deinen Blick; mein Lächeln flehte dich an, nicht darüber nachzugrübeln, noch nicht. Es würde viele Tage in unserer Zukunft geben, an denen wir bedenken würden, wie begrenzt unsere Zeit war, die Sterblichkeit, zu der mein Gelübde mich verurteilt hatte, mit dir als meinem liebenden Scharfrichter.

Im Stillen bat ich dich, mich nur zu lieben; mit meinen Augen sagte ich dir, dass ich nichts ändern würde, nicht jetzt und auch nicht dann, wenn der Tag kam, für diese unsere Liebe zu zahlen.

Elladan berührte dich am Arm, und du wandtest zögernd den Blick ab. Ich drehte mich um, diese Welt der Menschen zu betrachten, die jetzt meine Heimat war. Der Raum war schön, voll von denen, die ich liebte und denen, die ich noch lieben würde, erleuchtet von der Helligkeit vieler Lampen und der Wärme der großen Feuerstelle. Sie war anderes, diese Halle, anders als die, an die ich gewöhnt war. Die geschnitzten Säulen stiegen in die Höhe wie die von Imladris, von Lórien, aber sie waren von Menschenhand gemacht, verwurzelt in Zeit und Festigkeit, wo die Säulen meines Volkes sich nach dem Strahlen weit entfernter Sterne ausstreckten, hinaus und hinauf in unendliches Licht.

Ich spürte, wie beide Welten an mir zogen und versuchte, sie in mir zu versöhnen. Ich bin vom Elbenvolk, und doch hatte ich in dem Moment, als wir unser Gelöbnis taten, die vergängliche Schönheit all dessen, was die Welt der Menschen ausmachte, mit neuen Augen gesehen – so, als hätte sich ein Schleier von meinem Blick gehoben.

Für einen Moment stand ich orientierungslos und rang darum, das Lied einer elbischen Seele mit den sterblichen Stimmen zu versöhnen, die sich nun hindurchwoben und einen neuen Wohlklang erschufen. Ob er sich als dauerhafter erweisen würde als der, dem ich mein ganzes Leben hindurch gelauscht hatte, wusste ich damals nicht.

Ich spürte eine Berührung an meiner Schulter; mein Vater. Ich drehte mich um und schaute in sein geliebtes Gesicht, und ich wollte weinen. Tu das nicht, Ada, bitte. Es gab keinen Weg, sich davor zu verbergen, für keinen von uns. Ich weiß, du hast uns damals beobachtet, Geliebter, und du hast dich gefragt, was eine Tochter zu einem Vater sagen mochte, den sie für dich im Stich gelassen hatte.

In den Augen meines Vaters gab es keine Verdammnis, nur Liebe und Trauer, eine außerordentliche Qual. Seine Stimme war ein sanftes Streifen in meinem Geist. Es ist gut, meine Tochter, es ist getan. Und am Ende trauere ich nicht wegen deiner Liebe zu ihm, sondern wegen meiner Liebe zu euch beiden.

Es war ein zartes Gleichgewicht, ein so völliger Verlust, dass er mir die Seele durchbohrte, gefärbt mit einer Liebe und einem Verlangen, die ihm an Tiefe und Stärke gleichkam. Röte machte mir die Wangen heiß. Mein Vater sah es, und für einen Moment hob sich die Trauer von seinen Augen. Ach Undómiel, lächelte er, dies ist das größte Geschenk, das jeder von Euch je geben oder empfangen wird. Es war ein unumwundenes Eingeständnis; ich schaute weg, quer durch den Raum, versuchte, meine Erregung zu bemeistern und wusste, dass du mich noch immer beobachtest. Mein Vater schwieg und sah mit einem wehmütigen Lächeln die Unzahl von Gefühlen, die mich aufwühlten und verwirrten. Mein wunderschönes Kind. Er weiß genau um das, was er gewonnen hat, um das Vertrauen, das ihm jetzt gehört. Jetzt, da du deine Wahl getroffen hast, halt nichts zurück, Undómiel.

Ich blickte zurück und sah zu ihm auf; überrascht stellte ich fest, dass ich an Leib und Seele zitterte. Mein Vater legte mir sanft eine Hand auf die Wange, aber er sagte nichts mehr.

„Arwen!“ Ich fuhr zusammen und drehte mich um. Die Hand meines Vaters sank herunter und ich erbebte, schon jetzt beraubt. Es war Legolas; seine Augen strahlten und Lachen erhellte sein Gesicht. Und doch ahnte ich, dass er unter der Oberfläche begriff, was geschehen war und versuchte, meinen Schmerz zu lindern. Er nahm meine Hand. „Komm,“ drängte er, „tanz mit mir.“

Man hatte die Tische abgeräumt und sie neu eingedeckt, mit Tüchern in weichem Schwarz und reinstem Silber. Sie waren mit leichten Erfrischungen für die Gäste bedeckt. Legolas geleitete dich zu mir; seine Hand war so schlank, verglichen mit deiner, Geliebter. Er lächelte und verneigte sich mit elbischer Eleganz vor dir. „Mit deiner Erlaubnis, Mellon-nin?“

Du hast genickt, und obwohl du nicht gelächelt hast, konnte ich die Wärme in deinen Augen lesen.

Es war ein elbischer Tanz, uralt und schön. Ich betrachtete die anderen Tänzer; Faramir, dessen dunkles Haar im Licht glänzte… er würde dir gut dienen. Imrahil, der mir das Herz mit seiner Anmut wärmte, obwohl ich ihn noch nicht gut kannte; meine Großeltern, und meine Brüder, meine getreuen Verteidiger und Quälgeister.

Und ich stellte meine Wahl ein letztes Mal auf die Probe und überließ mich dem Tanz, mit einem Elben, unserem Freund, auf der Suche nach dem Ort in mir, der um deinetwillen zurückgewiesen hatte, was mein war. Wir hatten einmal zuvor miteinander getanzt, Legolas und ich, als er volljährig wurde, und ich wusste, dass mein liebster Freund damals sein Herz an mich verloren hatte.

So warf ich meine Sinne aus, suchend, prüfend.

Verbeugung… die elegante Drehung eines Handgelenkes, schlanke Finger, nach mir ausgestreckt. Ich legte meine Hand in die seine und wir wandten uns einander zu und streiften einander ganz leicht, Hüfte an Hüfte. Er war elegante Vollkommenheit, Prinz und Krieger; seine Hand kühl auf der meinen, seine Berührung warm. Er hielt mich mit der Vertrautheit einer langen Freundschaft, und als die Figuren uns zusammenführten, spürte ich seinen Körper dicht an meinem. Er bewegte sich mit der unbewussten Grazie unserer Rasse; ich blickte in sein altersloses Gesicht, als sähe ich die unirdische Schönheit meines Volkes zum ersten Mal.

Ein Schritt, ein weiterer, schwungvoll zur Seite und herum und er fing mich in der Umarmung ein, die der Tanz vorschrieb, er wiegte sich und hielt mich für einen Moment fest an sich gedrückt… fest genug, dass ich seinen Duft nach Gewürzen und Sonnenlicht einatmete. Sein Körper war unter seiner Tunika aus Samt und Seide schlank, mit feinen Muskeln, und ich konnte fühlen, wie er atmete, bereit, mich hochzuheben und in seinen Armen zu drehen.

Meine Füße berührten den Boden und ich wirbelte davon; er folgte mir, wie die Figur es verlangte, fing meine Hand ein und führte sie an seine Lippen, während ich in anhaltender Liebkosung mit meiner Hand eine Spur über seine Wange und sein Kinn zog. Er lächelte mir einen Moment zu, mit wissendem Gesichtsausdruck, Lachen in den Augen.

Noch eine Drehung, ein paar gleitende Schritte. Wieder hielt er mich an sich gedrückt, sein Atem weich auf meinem Hals; er folgte dem Liebesschwur, von dem der Tanz erzählte, von dem bittersüßen Schmerz, den sie mit sich bringen kann.

Und so tanzten wir, drehten und bewegten uns aufeinander zu und voneinander fort, so rastlos wie die See, nach der er sich sehnte. Er war goldene, leuchtende Schönheit, makellose Eleganz, geschmeidig und kraftvoll.

Unsterblich.

Und wie ich es vorhergesehen hatte, erregte mich seine Berührung nicht im Geringsten.

Denn ich war in deinen Armen gehalten worden, drängender als in den seinen, an einer Brust, die breiter war als die seine. Selbst dein Duft war anders; dein Duft, Geliebter, war der von Stahl und Begehren.

Legolas wusste, was ich tat, ich spürte sein Lachen; er war weder beleidigt noch fühlte er sich geschmeichelt. Unsere Nähe war längst begriffen worden als das, was sie war, und was sie niemals sein würde. Einst, als wir jung gewesen waren, hatte er gedacht, dass er mich liebte, aber das hatte sich zu einer tiefen und beständigen Freundschaft gewandelt. In dieser Nacht, als wir zum zweiten Mal in unserem Leben miteinander tanzten, da wusste ich, dass er sein Herz an die See verschenkt hatte, so wie ich das meine verschenkt hatte an dich.

Er beugte sich nah zu mir, als ich an ihm vorbei glitt, und neckte mich sanft: “Bedauern, Herrin?” Er brauchte meine gehobene Augenbraue nicht. „Nein“, murmelte er, und seine Freude für uns ließ sein Gesicht aufleuchten, “das dachte ich mir.“

Der Tanz ging zu Ende. Einmal mehr zog er mich an sich und neigte mir seinen Kopf entgegen. „Sei glücklich,“ murmelte er, sein Haar weich auf meinem Hals, „Du hättest nicht besser wählen können. Es gibt keinen unserer Art, den du zu lieben vermocht hättest, nicht, solange er in der Welt ist.“ Sein Lächeln war ein Spiegelbild des Lichts in seiner Seele, ohne einen Schatten, um es zu verdunkeln. Die Sehnsucht in seinem Gesicht galt nicht mir.

Die Musik verklang, ein letzter Notenschauer, dessen silberner Fall in mir widerhallte. Ich schaute auf und lächelte, als Legolas einmal mehr meine Fingerspitzen an den Mund hob, in einer kurzen, zärtlichen Liebkosung. Dann bewegte sich sein Blick an meiner Schulter vorbei, von einer anderen Liebe erleuchtet, die Liebe eines Waffenbruders, eines Seelenfreundes.

Ich wusste, du warst da, ich konnte deine Gegenwart an jedem Nervenende spüren. Als Legolas meine Hand in deine legte, fühlte ich die berauschende Wärme deines Körpers dicht neben mir.

"Wirst du mit mir kommen, Herrin?” fragtest du still. Ich wusste, was für eine Frage das war, wohin wir gehen würden. Ich nickte und zitterte ganz leicht.

Vorfreude.

Bei meinem Vater blieben wir stehen. Wir sprachen nicht, er und ich, umarmten einander nur flüchtig. Meine Brüder umarmtem mich ebenfalls für einen kurzen Augenblick; Elrohirs Geist war bis zum Rand von Liebe erfüllt, und von einer Trauer, die zu verbergen ihm beinahe gelungen wäre; Elladan war sein Echo.

Ich hatte Lebewohl gesagt; es war Zeit.

Du führtest mich an die Brüstung. Die Luft war kühl, von Mondlicht versilbert. Es badete deine großartige Stadt in Weiß und Perlenglanz. Unsere Kammer war nicht weit, aber du hieltest inne und verweiltest bei dem Anblick vor uns, als würdest du staunen.

Nach einem Augenblick des Schweigens wandtest du doch mir zu, die Hand über die Stadt ausgebreitet, und über das Land, in dem sie lag. „Ist es genug, Arwen? Ist es genug für den Preis, den du zahlen wirst?“

Überrascht von der Bitterkeit in diesen Worten suchte ich dein Gesicht. Du schautest mich an, und mir wurde klar, dass du selbst in diesem Moment Angst hattest vor meinem Bedauern, solche Angst, dass du unter ihrer Gewalt bebtest.

Ich strich das Haar vom Reif auf deiner Stirn beiseite und sprach die Worte, die den Zweifel für immer zum Schweigen bringen würden. „Nein, das ist es nicht. Obwohl ich dieses Land und sein Volk lieben werde, habe ich meine Entscheidung nicht um ihretwillen getroffen. Du bist es, der mir genügt; mehr verlange ich nicht.“

Dir stockte der Atem, gefangen zwischen Freude und Reue; du glaubtest mir, und doch hieltest du inne jenseits der Zeit, noch immer im Kampf mit dem gewaltigen Ausmaß dessen, was wir getan hatten.

Und ich sah den Moment, als du diesem Kampf ein Ende machtest. Du tratest vor, um den letzten Teil deines Schicksals zu beanspruchen, und ich unterwarf mich willig.

Dein Mund war seidenes Feuer; du schmecktest nach Wein und Verlangen. Ich hob die Hände und ließ sie auf deiner Brust ruhen, während du mich drängend dichter an dich zogst. Ich spürte die silberne Stickerei unter den Handflächen, die Weichheit von schwarzem Samt, die die Stärke darunter verhüllte. Deine Hände lagen in meinem Rücken, sanft, nachdrücklich, und ich genoss das Gefühl, dich zu spüren.

Ich ließ meine Arme um dich gleiten und befahl meinem Herzschlag, mich nur ein paar Augenblicke mehr nicht zu verraten. Du vertieftest den Kuss; deine Zunge fuhr meine Lippen entlang und bat fast scheu im Einlass. Ich musste beinahe lächeln und erinnerte mich an die Ehrfurcht, die dein Volk dir bereits entgegenbrachte; sie wären überrascht gewesen, hätten sie gewusst, wie unsicher du warst in diesem Moment, Geliebter. Ihr König, ihr unbezwinglicher Elessar, zitternd unter meinen Händen.

Dann tratest du zurück, dein Atem so unruhig wie der meine.

„Arwen.”

Leichte Röte lag auf deinen harten Wangenknochen, als du mein Gesicht in beide Hände nahmst und mich einfach ansahst.

Niemals war meine Seele so bloßgelegt worden. Du besaßest nicht meine Erfahrung in dieser Welt; und doch hattest du soviel mehr davon als ich. Ich hatte das Vergehen der Jahre mit der abwesenden Achtlosigkeit der Unsterblichen gemessen, du maßest es mit dem Schmerz und dem Verlust, den du ertrugst. Ich hatte mich mit Ebbe und Flut der Zeit geneigt, du hattest ihren Fluss bestimmt.

Ich frage mich, wer wir damals waren, du und ich. Verstandest du die Elben wirklich, obwohl du als einer von uns gelebt hattest? Ich war noch immer elbisch, das würde sich mit dem Verlust der Unsterblichkeit nicht ändern. Konntest du unser Vergehen spüren, wie ich es tat, obwohl die Erinnerung an dieses Schwinden verging, während es geschah, ersetzt durch die Hast der Sterblichkeit, durch Liebe und Verlangen?

Was war es, wonach du in jener Nacht in meinem Gesicht suchtest? Du hast es mir nie erzählt, Geliebter, aber vielleicht wolltest du dir meine Züge ins Gedächtnis einprägen, in deine Seele.

Du beugtest dich wieder vor, dein Mund berührte den meinen und ich öffnete die Lippen. Aber du batest nicht um Einlass. Du bewegtest doch weiter, über meine Kinnlinie, winzige Küsse, die mich kaum berührten. Ich erschauerte, als du mein Ohr nachzogst und dich weiter bewegtest zu meinem Haar.

Dann begriff ich; du folgtest dem Mond auf meinem Gesicht und berührtest die Stellen, auf die sein Licht fiel… du folgtest seiner Führung, um den Weg zu mir zu finden. Deine Arme lösten sich, bis deine Lippen auf meinem Gesicht und in meinem Haar der einzige Punkt waren, wo wir uns berührten.

Du hobst den Kopf, die Augen fragend, die Begierde fest im Zaum. Du rangst mit dir, kämpftest mit dem Drang, mich dicht an dich zu ziehen, zu befehlen. Ich konnte die angestrengte Beherrschung sehen, fühlte den aufziehenden Sturm. Er schickte einen Strahl reinsten Feuers durch mich hindurch.

Ich sagte nichts; ich hob nur deine Hand und legte sie mir auf die Brust, über mein Herz, damit du spüren konntest, wie es raste und die Augenblicke unseres gemeinsamen Lebens hinunter zählte. Ein Geräusch kam tief aus deiner Kehle und unwillkürlich verkrampften sich deine Finger. Für die Dauer mehrerer Herzschläge standen wir so da; dann nahmst du meine Hand.

*****

Du wandtest dich von der Tür ab dorthin, wo ich vor dem Feuer stand und den Raum betrachtete. Vergnügen ließ mein Gesicht aufleuchten, als ich die Veränderungen sah, die du gemacht hattest, damit das Zimmer elbisch wirkte; die Wandbehänge und Wandteppiche, die kompliziert gestalteten Möbelstücke. Ich hielt inne, als ich das Gemälde an der Wand sah, nahe beim Bett.

Imladris. Im Frühling, wie ich es am meisten liebte. Ich hielt den Atem an, gefangen zwischen Freude und Schmerz.

Aber du kamst nicht zu mir. Stattdessen sahst du mir von deinem Platz neben der Tür zu, dein Körper gänzlich reglos. Ich verstand; es sollte meine Entscheidung sein. Wenn es mir Unbehagen bereitete, würdest du es entfernen lassen.

Ich wandte mich der Darstellung meiner Heimat zu. Sie war auserlesen. Ich musste nicht nach dem Künstler fragen… ich sah Elrohirs Berührung in jedem Pinselstrich. Rings um die Ränder des Gemäldes zogen sich fließende, elbische Worte, und dort erkannte ich die Arbeit meines anderen Bruders. Dann verschleierten Tränen meinen Blick.

Deine Stimme war ruhig. „Es ist ihr Geschenk an uns. Sie wollten, dass du etwas von Zuhause besitzt, von ihnen.“ Du tratest neben mich und zeigtest auf einen der Bäume im Hintergrund. „Schau, da ist noch mehr.“ Ich studierte die Szene noch genauer und prüfte sie einen Augenblick, ehe ich lächelte. Mitten im fein gezeichneten Laub der Birke befand sich ein anderes Bild, winzig und vollkommen, von Minas Tirith; in einem anderen Baum befand sich eine Darstellung von Cerin Amroth und in anderen, über das gesamte Bild verteilt, gab es Orte, die wir beide kannten und die uns teuer waren. Ich konnte die Liebe spüren, die meine Brüder auf diese monatelange Arbeit verwandt hatten. Meinen Dank, an euch beide. sandte ich schweigend aus, und ich fühlte ihre liebende Wärme durch unser verwandtschaftliches Band.

Ich bewegte mich fort von dem Gemälde. In der Zukunft würde ich viel Zeit davor verbringen, aber das Feuer, das sich in meinem Leib aufbaute, lenkte mich ab. Rastlos wandte ich mich um; ich war mir deiner Beobachtung völlig bewusst, als du hingingst, um für uns Wein einzugießen.

Du kamst zu mir; wir stießen mit unseren Kelchen an und tranken. Unsere Blicke hielten einander fest, und in den grauen Tiefen deiner Augen lag ein sanftes Lächeln. Ein Schauer überlief mich.

Ich konnte die wachsende Leidenschaft in diesen Augen sehen, gemischt mit Ehrfurcht und ein wenig Staunen. Ich empfand dies nicht weniger, denn ich fühlte die Gegenwart jener Elbenfrauen, die sich an menschliche Männer gebunden hatten.

Als ich dich damals sah, verstand ich endlich meine eigene Wahl, verstand, was Lúthien zu Beren zog und Idril zu Tuor; ich spürte das Echo ihrer Freude und ihrer Trauer.

Du stelltest deinen Kelch weg und nahmst mir den meinen ab; einmal mehr zogst du mich in deine Arme. Als du meinen Mund suchtest, begegnete ich deinen Lippen. Deine Hände bewegten sich fort von meiner Taille, mein Rückgrat hinauf und ließen mich erzittern; hinauf über die entblößte Haut meiner Schultern und langsam hinunter über meine Brüste, bis sie auf den Bändern meines Kleides ruhten.

Meine eigenen Hände lagen um deine Mitte, und als du das Fleisch über meinem Mieder liebkostest, bewegte ich sie um dich herum und hinter dich und drückte dich fest an mich, bis unsere Hüften eng aneinander lagen. Als deine Augen sich weiteten und dir eine leichte Röte ins Gesicht stieg, beugte ich mich vor, damit ich dir ins Ohr flüstern konnte. „Ich mag mich noch niemandem hingegeben haben, aber mein Volk ist eine sinnenfrohe Rasse. In Lórien flüstern nicht nur die Mallorn-Blätter, Meleth-nin.“ Meine Küsse folgten der Säule deiner Kehle und du atmetest aus mit einem Geräusch, das halb Seufzen und halb Stöhnen war.

Dann verdunkelten sich deine Augen und sanft presstest du deine Hüften gegen meine; du nutztest meine Ablenkung dazu, einmal mehr meinen Mund zu erobern. Deine Hände wanderten zu den Verschlüssen meines Gewandes, aber ich legte meine Hand über die deinen. „Lass mich,“ murmelte ich.

Dein Blick löste sich keinen Moment von meinen Händen, während ich sie über die Rundungen meines Leibes hinunterbewegte und die Bänder meines Kleides löste. Es rutschte, es fiel und floss um meine Füße wie die Wasser des Anduin.

Langsam hobst du deine Hand, um die Kontur meiner Brust mit deinen Fingerspitzen nachzuzeichnen, mit leichter Berührung, die die Wärme von Haut durch Seide in sich aufnahm. Dann schloss sich deine Hand über mir, die Finger gespreizt, deine Handfläche über meinem sich versteifenden Fleisch. Ich ließ den Kopf nach hinten fallen; Feuer stieg allmählich in mir auf. Du hobst deine andere Hand und legtest sie neben die erste, dann ließest du sie einmal mehr herunter gleiten, um meine Hüften in hartem Griff zu halten. Ich konnte die Schwielen auf deinen Fingern spüren; für mich waren sie die zarteste Liebkosung von allen.

Dein Atem wehte gegen meine Kehle, warm und aufreizend, und dein Mund war die süßeste Qual. Ich zitterte, und du kehrtest zu meinem Mund zurück.

„Ahhh… Meleth-nin.”

Ich griff nach dir, und du hobst mich hoch, ohne den tiefen Kuss zu unterbrechen. Das Bett war weiche Seide unter mir, aber ich war es nicht zufrieden, still zu liegen. Nun war ich an der Reihe, zu befehlen. Als du mich absetztest, streckte ich die Hände nach dir aus, überraschte dich und stieß dich zurück.

Nun waren es meine Hände und Lippen, die befahlen, berührten, liebkosten. Du stütztest dich auf einen Arm, als ich mich über dich beugte, dich still hielt, während meine Hände deine Tunika geschickt hoch und über deine Schultern hinunterschob. Ich bewegte meine Hände hinauf über warme Haut, um die schlanken Muskeln nachzufahren, geboren aus langen Jahren des Gebrauchs von Schwert und Bogen. Wie anders du warst als ein Elb, Geliebter. Du lehntest dich zurück, die Augen schwerlidrig vor Vergnügen, und du spanntest dich an, während ich dich erforschte.

Ich sah zu, wie sich dein Mund zu einem hilflosen Aufkeuchen des Genusses öffnete; dein Kopf sank nach hinten, als ich die hart gewordenen Punkte auf deiner Brust fand und mit den Daumen darüber rieb. Ich konnte der kraftvollen Säule deiner Kehle ebenso wenig widerstehen wie es dir gelungen war, der meinen zu widerstehen.

Mein Geist umwölkte sich mit Begierde, während du unter mir lagst, dein dunkles Haar wie ein Fächer über die Decken gebreitet. Ich senkte meine Lippen auf die gebündelten Muskeln deiner Schultern, wieder deine Kehle hinauf. Ich fing deinen Mund mit meinem ein und kehrte dann wieder dorthin weiter unten zurück, wo meine Hände eben erst gewesen waren. Ein Krampf durchzuckte dich, und ich genoss deine Hilflosigkeit, dein Vergnügen angesichts der Berührung meiner Hände und meines Mundes.

Ganz leicht fuhr ich die Kontur deiner Augen und Brauen entlang, von Wangenknochen und Kinn, einmal mehr zeichnete ich den Umriss deines Mundes nach. Du hattest die Augen geschlossen, meiner Berührung hingegeben, aber dann hast du sie geöffnet, fingst meinen Blick ein und hieltest ihn fest; deine Lippen teilten sich und du schenktest mir ein Lächeln, träge und sinnlich. Ich erschauerte; du hast dich aufgerichtet und saßest neben mir, Hüfte an Hüfte.

„Estel,“ flüsterte ich, als du mein Seidenhemd anhobst, mir über den Kopf zogst und meine Haut liebkostest. Ich öffnete die Augen und stellte fest, dass du jeden Teil von mir mit liebenden Augen erforschtest. Endlich, Meleth-nin, endlich.

Und du begannst eine süße Folter, berührend, streichelnd, mich verführend, bis ich nicht mehr denken konnte über das reine Gefühl hinaus, das du herauf beschworst, das Gleiten von deinem Mund und deinen Händen, der seidigen Liebkosung deiner Haare. Über mir waren die Flächen und Kanten deines Leibes von Fackel und Feuerschein erleuchtet, deine Hand glatt unter meinen Händen. Du warst ein rastloses Lied, suchend und immer in Bewegung, bis du mich endlich gefunden hattest.

Ich langte nach dir und ließ meine Hände für einen Moment auf deiner Mitte ruhen; dann glitten sie tiefer und liebkosten dich. Du fuhrst zusammen und deine Augen, treibender Rauch, hielten die meinen fest. Mein Lächeln war träge, während ich dich streichelte. Du schaudertest und deine Augen schlossen sich, dein Körper völlig reglos. Ich sah, wie sich dein Kiefer anspannte, als du dich davor zurückhieltest, dein Vergnügen hinauszustöhnen. Aber ich verweigerte dir die Gnade, und mit ungeschulten Händen, nur von Instinkt und Liebe geleitet, trieb ich dich an die Grenzen deiner Beherrschung.

Und als du diese Beherrschung verlorst, da versengtest du mir die Seele mit deinem Verlangen, so dass ich zu deinem Feuer hingezogen wurde, so hilflos wie nur irgendeine Motte, die sich ihrer Vernichtung entgegenstürzt. Es kümmerte mich nicht, denn du, mein geliebter Sterblicher, so vergänglich wie nun ich selbst, schienst heller als die Sonne.

Du packtest meine Hände und machtest der Qual ein Ende; dann befreitest du dich von deinen feinen Beinkleidern. Ich hieß die schwindelerregende Hitze deiner Haut an meiner willkommen, als du mich hochhobst. Meine Haut brannte überall, wo sie die deine berührte; ich wartete mit schmerzhafter Sehnsucht.

Ich kniete, die Arme um dich gelegt, und ich folgte der Glätte deines Rückens, reizte deinen Halsansatz und strich mit sanften Fingern aufwärts durch dein Haar. Du hast geseufzt und dich meiner Berührung ergeben; du hast deinen Körper an meinen gepresst und Berührung mit Berührung erwidert.

Ohne Hände und Mund je von meinem Körper zu lösen, glittest du hinter mich und hobst dich auf die Knie, um meine Schultern und meine Kehle zu liebkosen. Ich konnte spüren, wie sehr du mich wolltest, und ein wenig betrauerte ich die Zeit, die wir verloren hatten. Früher war uns die Zeit nicht wichtig erschienen.

Du ließest deine Hand auf meinem Bauch ruhen und ich beobachtete, fasziniert und mit angehaltenem Atem, wie sie sich aufwärts bewegten, langsam, mit Fingern, die meine Rippen umspannten und hinauf wanderten, bis du meine Brüste mit deinen Kriegerhänden umfasst hieltest, streichelnd und liebkosend… und bis ich unter dieser liebenden, qualvollen Berührung nicht länger stillhalten konnte.

Ich drehte mich um, grub die Finger in die seidig glatte Wärme deiner Schultern und zog dich an mich. Du murmeltest liebevoll, während du dich meinem Befehl fügtest. Jetzt, ich kann nicht länger warten.

Ich lehnte mich nach hinten und dein harter Leib bedeckte den meinen. Ich ertrank in Wärme und Licht, zitternd vor Liebe zu dir und von dem Feuer, das du in meinem Blut entfacht hattest. „Ah, Meleth-nin, bitte…“

Ich spürte deine Regung; deine Körper passte sich dem meinen an und du ließest uns beide in die Tiefen eines Feuers hinab, das noch immer in meinem Blut brennt, Geliebter. Ich beobachtete dich und hielt deinen Blick fest, als du langsam unsere Leidenschaft erfülltest, bis wir so vollständig miteinander verschmolzen waren, dass ich nicht sagen konnte, wo wir uns nicht miteinander verbanden. Für einen Moment wartetest du, und dann beugtest du dich hinunter und küsstest mich so sachte, dass ich die Tränen auf deinen Wimpern kaum spürte. Dann bewegtest du dich, beugtest träge die Hüften, dass ich das Gleiten von Fleisch und Hitze spüren konnte. Ich hielt dich an den Schultern fest, um zu verhindern, dass du dich von mir löst, aber du tatest es nicht. Denn als ich fühlte, dass wir nicht länger verschmolzen sein konnten, da kehrtest du deine Bewegung um und das langsame, süße Gleiten begann von neuem. Ich schloss die Augen, die Hände noch immer in die nachgiebige Wärme deiner Schultern gegraben; ich begegnete deinem Stoß, wollte dich noch näher bei mir und hörte dich stöhnen „Arwen, Meleth-nin...“

Du senktest den Kopf und zogst mit den Lippen eine Spur über meine Kehle, dein Mund eine sengende Hitze auf meiner Haut, bevor du meinen Mund mit einem Kuss erfasstest, der mir den Atem raubte und mich für all die Zeit, die uns gegeben war, für dich beanspruchte… für alle Zeit. Ich bin dein Weib, Estel, Elessar.

Du verschränktest deine Finger mit meinen und hobst unsere verschlungenen Hände, bis sie sich in meinem Haar auf dem Kissen verfingen; ich spürte, wie der herrliche Druck sich verstärkte, als du tiefer in mich hineinstießest, und das Feuer flackerte sogar noch höher. Ich passte mich dir an, mein Geist leer für alles außer dir.

Ich spürte die Änderung; das schwindelerregende Vergnügen begann sich aufwärts zu winden, sich ausstreckend, schmerzend vom Verlangen nach Erfüllung, und danach, dass es niemals ein Ende nahm. Wieder stöhntest du, dein Atem abgerissen, deine Hände härter um die meinen geklammert. Ich richtete mich auf und fing deinen Mund ein, als ich fühlte, wie das Vergnügen ausbrach. Geliebter, wir sind eins! Du schriest auf, und ich spürte, wie mein Körper der Kontrolle und allem Bewusstsein entglitt. Ich bäumte mich auf, gänzlich schockiert angesichts dieser überwältigenden Ekstase, die mich aus mir selbst heraustrieb.

„Estel!”

Du bedecktest meinen Mund mit deinem, nach Luft schnappend, und ich spürte, wie dein Leib in meinem schaudernd zuckte; deine Hände umkrampften meine mit einem Schmerz, der Vergnügen war.

In diesem Moment waren wir nicht an Arda gebunden, du und ich, Geliebter; wir wanderten zwischen den Sternen, von Liebe und Ekstase über die Grenzen unseres Seins hinaus getrieben. Wir schwebten gemeinsam, Körper und Seelen verschmolzen, Herzen und Geist beider im anderen eingeschlossen.

Als ich die Augen öffnete, beobachtetest du mich immer noch; ich lächelte und hob eine bebende Hand an deine Wange. Du wandtest den Kopf, um sanft meine Handfläche zu küssen. „Du bist mein Leben.“ murmelte ich überwältigt

„So wie du das meine bist. Ich liebe dich, Arwen, so sehr… immer, Geliebte.“

*****

Ich saß im verdunkelten Zimmer, die Erinnerung so klar in meinem Geist wie in jenem Moment.

Und doch... jetzt war sie ohne Hitze. Du warst fort, so kalt wie der Stein, unter dem du lagst, Ich weinte nicht, ich konnte es nicht. Ich hatte nicht geweint, seit deine Hand aus meiner glitt, während ich neben deinem Bett kniete und deine grauen Augen sich mit der Leere des Todes umwölkten.

Vielleicht würde der Tod warm sein, Geliebter? Bald genug würde ich es wissen. Aber jetzt war mir kalt, und die Welt war dunkel.

Ich erhob mich, ohne zum Bett zurück zu schauen, und auch nicht zu dem Gemälde von Imladris. Sie existierten nicht. Nichts existierte, nicht jetzt. Damals fühlte ich keinen Schmerz. Denn Schmerz um meinen Verlust hätte Gefühl bedeutet, und ich fühlte nichts. Ich sah mir dabei zu, wie ich die Kammer verließ und zur Brüstung hinüber ging.

Außer ein paar neuen Gebäuden, perlenhell und weiß im silbernen Licht eines Mondes, das so hell war wie in jener ersten Nacht, sah die Stadt unverändert aus. Ich spürte die dumpfe Pein unvergossener Tränen.

Wo warst du, Estel, Geliebter? Ich konnte dich nicht finden. Und mir war so kalt unter diesem Silberlicht, so sehr kalt nach deiner Wärme. Nie hatte ich die Kälte gespürt, bis du gegangen warst.

Ruhelos ging ich in unsere Kammer zurück, aber ich wusste, ich konnte nicht bleiben. Du warst nicht dort, ebenso wenig wie in jenem kalten Raum unter der Veste. Aber wo? Impulsiv verließ ich das dunkle Zimmer und machte mich auf, dich zu finden.

Warst du hier? Oder warst du weit fort, in Imladris vielleicht? Ich spürte eine plötzliche, schmerzhafte Sehnsucht nach der Heimstatt meiner Geburt. Jetzt wohnten meine Brüder dort, und mein Großvater, aber bald – obwohl sie das nicht gesagt hatten – würden auch sie fortgehen.

Nachdem ich tot war.

Ich wanderte schattige Korridore hinunter, und das Schwarz und Silber meines schleppenden Gewandes schickte widerhallendes Flüstern in die Stille. Was tat ich da – dich an Orten zu suchen, von denen ich wusste, dass ich dich dort nicht finden würde? Aber in meinem Herzen konnte ich dich nicht finden, Estel, du warst zu tief darin verschlossen.

Ich wanderte über Stunden, durch Wohnzimmer, Esszimmer und leere, endlose Gänge. Ich suchte die Gärten ab, die Mauern, die Audienzräume. Du warst nicht dort, wie ich es vorhergesehen hatte, und alles war so kalt, Geliebter, so dunkel.

Einmal fand ich mich an der Tür zum Zimmer unseres Sohnes. So wie du, unser wunderschöner Sohn, und doch nicht gleich, denn als ich schweigend auf ihn hinunter schaute, sah ich die feinknochige Anmut seines elbischen Erbteils.

Elben, Unsterbliche. Ich sagte dir einmal, dass ich es nicht bereuen würde, und ich tat es nicht, selbst dann nicht, als ich die Spuren des Lebens, das ich für dich aufgegeben hatte, im Gesicht unseres Sohnes sah. Du warst diesen Verlust wert gewesen. Eldarion und unsere Töchter waren es wert. Mit einem Kuss für unseren trauernden Sohn verließ ich den Raum.

Da war ein Ort mehr, an dem ich nicht gesucht hatte; jetzt ging ich zögernden Schrittes dorthin.

Als ich die Halle betrat, war sie ebenfalls leer und still. Einen Moment stand ich da und zitterte. Ich erinnerte mich daran, wie dieser Raum in der Nacht unserer Hochzeit gewesen war, von Licht und Leben erfüllt, von der Musik und dem Gelächter derer, die durch dein Kommen von Tod errettet worden waren. Nur mir hattest du den Tod gebracht, als Geschenk, und ich hatte ihn willig umarmt. Nun war die Zeit gekommen, für dieses Geschenk zu bezahlen. Und doch, du warst nicht hier. Ich wandte mich mit einem Seufzer des Bedauerns ab, und dann hörte ich es.

„Arwen.”

Er sprach so leise, dass ich dachte, mein Gehör hätte mich getrogen. Dann löste sich ein Schatten von der hinteren Wand, tiefer als die, die ihn verborgen hielten, während ich da gestanden hatte, in Gedanken verloren.

Legolas. Wer sonst hätte es sein können?

Mein Vater war fort, meine Brüder konnten sich einander zuwenden, Legolas und ich waren allein. Gimli konnte bei all seiner Liebe für Legolas dieses eine Mal nicht die Rolle ausfüllen, die sein Freund nötig hatte.

Ich betrachtete sein Gesicht, als er durch die Flecken aus Mondlicht von den hohen Fenstern ging. Völlig verloren und auf der Suche nach dir, genau wie ich. Das hatte uns beide hierher geführt, aus Gründen, die ich nicht kannte und nach denen ich nicht fragte.

Ich hielt ihm meine Hand hin; er nahm sie, zog mich an sich und neigte seinen Kopf zu mir herunter. Ich ließ meinen Kopf auf seiner von schwarzem Samt bedeckten Brust ruhen, als er die Arme hob und um mich legte. Er war warm, Geliebter, wenigstens war er warm. Das brachte ein wenig Trost.

„Ich kann ihn nicht finden, Legolas,“ flüsterte ich.

„Ich weiß,“ sagte er leise. “Auch ich habe nicht gewusst, wo ich suchen soll.“

Legolas legte seine Wange auf mein Haar. Noch immer roch er nach Gewürzen und Sonnenlicht.

So standen wir lange Zeit da, Geliebter, in diesem bleichen Licht, auf der Suche nach dir, nach dir ausgestreckt mit der Macht unserer Liebe, aber noch immer entzogst du dich uns. Die Zeit floss unbemerkt vorüber, so wenig Zeit, die jedem von uns jetzt noch blieb. Wir hätten dort für immer stehen bleiben können, ich weiß es nicht.

Dann regte sich Legolas. Ich hörte seine Stimme, so leise, dass die Worte kaum mein Haar bewegten. „Tanz mit mir,“ murmelte er.

Ich hob den Kopf, um ihn anzusehen. Seine Augen waren verschattet, seine Haar offen, in einer elbischen Geste der Trauer. Ich konnte seinen Verlust spüren, den es verzweifelt danach verlangte, sich auszudrücken, und doch wurde er im Zaum gehalten. Ich betrachtete ihn verwundert, und wieder sah ich die Nacht meiner Hochzeit. Langsam, wie im Traum, legte ich meine Hand in die seine, als er sie mir hinhielt.

„Es gibt keine Musik,“ flüsterte ich.

„Da ist sie, hör zu..."

Und leise begann Legolas, die Musik zu dem Elbentanz zu singen. Ich gab mich auf in diesen Tanz mit einem Elben, unserem Freund, und ich eiferte danach, den Ort in mir zu finden, wo du noch immer warst, Geliebter. Wir hatten zweimal zuvor miteinander getanzt, Legolas und ich, als er volljährig wurde und auf meiner Hochzeit. Er hatte sein Herz damals der See geschenkt, so wie ich das meine dir geschenkt hatte. Er war Anmut und Eleganz, noch immer… seine Hand kühl in der meinen, seine Berührung warm.

Wärme. Ich spürte, wie sie an meinen Nerven entlangflackerte.

Er hielt mich mit der Vertrautheit alter Freundschaft und ich spürte seinen Kriegerkörper an meinem. Er war Vollkommenheit, wie er es damals gewesen war, verlorene, einsame Vollkommenheit, auf der Suche nach dir, Geliebter, genau wie ich. Er bewegte sich mit der Grazie unserer Rasse; ich blickte in sein altersloses Gesicht und sah die unirdische Schönheit meines Volkes und die unaussprechliche Trauer des Verlustes, den die Elben immer verspüren, nun schärfer noch als jemals zuvor. Er war goldenes Feuer, wunderschön, kraftvoll. Und so verloren wie ich, so beraubt.

Wo bist du, Geliebter, wo?

Ich warf meine Sinne aus und suchte.

Verbeugung… die elegante Drehung eines Handgelenkes, schlanke Finger, nach mir ausgestreckt.

Licht am Rand meiner Wahrnehmung, Wärme und goldenes Licht. Ein Raum voller Menschen und Elben.

Ich legte meine Hand in die seine und wir wandten uns einander zu und streiften einander ganz leicht, Hüfte an schlanker Hüfte.

Mein Vater, meine Brüder.

Ein Schritt, ein weiterer, schwungvoll zur Seite und herum.

Die Musik in seiner Stimme, ich konnte die Musikanten hören, wie sie spielten, in seiner Stimme.

Er fing mich in der Umarmung ein, die der Tanz vorschrieb, er wiegte sich und hielt mich für einen Moment fest an sich gedrückt… fest genug, dass ich seinen Duft einatmete.

Stahl. Nicht Gewürz und Sonnenlicht, sondern Stahl und Begehren. Nicht Legolas. Estel?

Sein Körper war unter seiner trauerschwarzen Tunika schlank, mit feinen Muskeln, und ich konnte fühlen, wie er atmete, bereit, mich hochzuheben und in seinen Armen zu drehen.

Zwischen den Welten, sterblich und unsterblich, Tod und Leben, Aragorn und Legolas. Er ist hier, Geliebter, und du bist hier, durch ihn.

Der Raum füllte sich mit Licht. Meine Füße berührten den Boden und ich wirbelte davon.

Dort drüben, an der Feuerstelle, ich kann es fast sehen...

Er folgte mir, fing meine Hand ein und führte sie an seine Lippen, während ich in anhaltender Liebkosung mit meiner Hand eine Spur über seine Wange und sein Kinn zog.

Unter meiner Hand lag glatte Haut, in meinem Geist war es ein Kinn, verdunkelt von einem hauchzarten Schatten.

Er lächelte mich einen Moment an; diesmal war sein Gesichtsausdruck nicht wissend, sondern staunend, und ich wusste, dass auch er dich dort spüren konnte, wiedergespiegelt in meinen Augen, während ich tanzte.

Estel?

Sanftes Lachen trat in seine Augen, und da war ein Hauch von dem Grau aus Númenor in ihren Tiefen.

Noch eine Drehung, ein paar gleitende Schritte. Wieder hielt er mich an sich gedrückt, sein Atem weich auf meinem Hals; er folgte dem Liebesschwur, von dem der Tanz erzählte, von dem bittersüßen Schmerz, den sie mit sich bringen kann.

Sein Herz gehört der See, so wie das meine dir gehört und das deine mir, und durch ihn bist du hier, Geliebter, du bringst uns beide zu Wärme und Licht zurück, zurück zu dir.

Und während wir, tanzten, uns drehten und regten, aufeinander zu und voneinander fort, immer in Bewegung, so rastlos wie die See, nach der er sich sehnte und die er zuletzt suchen würde, da war er – so wie immer – absolute Vollkommenheit, anmutig, elegant, kraftvoll.

Unsterblich.

Auch du bist unsterblich, Geliebter, nicht so wie er, nicht als Elb, sondern in meiner Seele, in meiner Liebe. Der Duft… nicht nach Gewürz und Sonnenlicht, sondern einmal mehr von Stahl und Begehren. Der Raum ist von Licht durchflutet und ich spüre dich, spüre dich endlich, hier bei mir, so wie er bei mir ist. Durch ihn habe ich dich gefunden, und da ist Wärme und die Liebe, von der ich gewusst habe, dass sie nicht fort ist.

„Bedauern, Mellon-nin?“ flüsterte er; er kannte die Antwort, wie er sie damals gekannt hatte, und er brauchte meine erhobene Augenbraue nicht. „Nein,“ murmelte er, und bittersüße Freude ließ sein Gesicht aufleuchten. „das dachte ich mir.“

Einmal mehr zog er mich an sich, und es waren deine Arme, in die ich sank, in die Umarmung der Liebenden, die der Tanz darstellte. Er neigte mir seinen Kopf entgegen. „Du bist glücklich gewesen,“ murmelte er, sein Haar weich auf meinem Hals, und er sagte still: „Du hättest nicht besser wählen können. Es gab keinen unserer Art, den du zu lieben vermocht hättest, nicht, solange er in der Welt war.“ Legolas’ Lächeln war ein Spiegelbild des Lichts in seiner Seele, ohne einen Schatten verzweifelter Suche, um es zu verdunkeln, während er mich beobachtete, leise die letzten Noten sang und sie in schimmerndem Fall über mir ausstreute.

Seine Stimme verklang, die Musik ging zu Ende.

Du warst hier bei uns, ich konnte dich neben seiner Schulter sehen. Legolas spürte es auch; er schaute mich an, und Staunen und unaussprechliche Trauer leuchteten mit dem Strahlen der Sterne in seinen Augen. Und als er meinen Mund suchte, war es aus reiner Freude, dass wir dich endlich gefunden hatten.

Ich hob mein Gesicht dem seinen entgegen, und es waren deine Lippen, die ich warm auf den meinen fühlte. „Ich bin hier,“ flüstertest du, „ich liebe dich, Arwen, so sehr… immer, Geliebte“. Zu Legolas hörte ich dich murmeln: „Leb wohl, Gwador, und meinen Dank…“ Ein letzter Kuss, eine anhaltende Berührung von Liebe und von Verlust, ein Lebewohl an uns beide und von uns beiden. Ich spürte, wie deine Liebe mich erfüllte, und seine Liebe und Freundschaft hielt mich aufrecht.

Legolas hob den Kopf und lächelte; der Kummer in seinen Augen war noch immer da, aber die Hilflosigkeit und Angst waren fort. Ich erwiderte sein Lächeln voller Frieden. Wir hatten dich gefunden; Wärme und Licht waren zurückgekehrt, du warst bei uns.

Legolas zog mich wieder dicht an sich, und einmal mehr ließ ich meinen Kopf auf der weichen Wärme ruhen, die seine Brust bedeckte. Wie zuvor standen wir still für eine Zeitspanne, die bis zum Ende der Welt hätte dauern mögen. Ich konnte sein Herz unter meiner Wange spüren, dieses Herz, das für einen Moment als das deine geschlagen hatte, mit dem meinen verbunden. Und während es noch schlug, würdest du noch bei mir sein, und ich bei dir.

„Wann wirst du gehen?“ Die Worte waren leise, mehr gefühlt als gehört.

„Bald, in höchstens ein paar Wochen. Und du?“

„Bald,“ murmelte er. „Das Schiff ist gebaut, die Besatzung ist vorbereitet.“

Ich lächelte und spürte, dass er dasselbe tat, seinen Mund in meinem Haar. Endlich konnten wir loslassen.

Ich hielt ihn noch einen Moment länger, und dann traten wir gleichzeitig zurück. Ich hob eine Hand zu seinem Gesicht und meine Finger verhielten an seinem Mund. „Meinen Dank, Mellon-nin.“

„Geh,“ sagte er sanft. „Er wartet.“

Meine Hand sank herunter und ich wandte mich ins Licht, auf dich zu.

Ich schaute nicht zurück.


ENDE

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