Sieben Namen (Seven names)
von Mariposa, übersetzt von Cúthalion


Eins und Zwei

„Ich brauche eine Unterschrift von jedem von euch,“ sagte Frodo beiläufig. Merry saß da und rauchte, seinen Stuhl nach hinten gekippt, seine Füße auf dem Tisch mitten in den Überresten ihres Abendessens. Pippin reinigte gerade seine Pfeife und schaute nicht hoch, während er sprach: „Sag’s mir nicht. Du ziehst ein bei Merry und mir und Beutelsend wird endlich verkauft.“

Frodo grinste. „Oh nein, ich werde nicht jeden Abend euren Abwasch machen.“ Er langte in seine Westentasche und zog ein Bündel Papiere heraus. „Ich überarbeite bloß gerade ein bisschen Papierkram, und Ponto sagt, ich muss mir sieben Unterschriften holen, und...“ er machte eine wegwerfende Geste und schob Teller und Tassen weg, um die Papiere auf den Tisch zu legen. „Also, worum geht’s?“ fragte Merry und schlug die Beine übereinander.

Frodo fuhr mit einem Finger über den Spann von Merrys Fuß und setzte damit eine Kettenreaktion in Gang: Gelächter (Frodo und Pippin), Gekreisch (Merry), wie Windmühlenflügel kreisende Arme (Merry), Füße in der Luft (Merry), und eine Rettung um Haaresbreite durch die krachende Rückkehr aller vier Stuhlbeine auf den sicheren Boden (Merry).

„Nur ein paar Papiere.“ kicherte Frodo atemlos.

Pippin hörte auf damit, auf dem Teppich herumzustampfen, wo Merrys Pfeifenglut gelandet war und reichte Merry seine Pfeife zurück. „Also, was für Papiere?“ fragte er.

Frodo seufzte. Mein Letzter Wille, wenn ihr es unbedingt wissen müsst.“ Angesichts des alarmierten Ausdruckes in ihren Gesichtern verdrehte er die Augen zur Decke. „Es ist bloß Papierkram. Das alte Testament hat Beutelsend den Sackheim-Beutlins hinterlassen, und das ist jetzt sinnlos..“

„Was denn, Frodo, das hättest du nicht tun sollen,“ sagte Merry neckend und wich dem Keks aus, den Frodo nach ihm warf.

„Sei nicht blöd, Merry, Frodo hat Beutelsend mir hinterlassen – Buckelstadt ist viel näher an Wasserau.“

„Aber Frodo mag die Brandybocks viel lieber als die Tuks.“

„Also bitte! Eine Bande bootsverliebter Käuze, das sind die Brandybocks.“

„Käuze verglichen mit wem – den bäumekletternden Verückten, die die Groß-Smials bewohnen?“

„Ich werde Beutelsend Sam hinterlassen.“

Merrys Mund schnappte zu; Pippin ließ den seinen einen Moment offen, dann schloss er ihn endlich und blinzelte. „Du hast nicht zufällig ein bisschen rote Tinte mitgebracht?“


Drei

Berilac Brandybock nahm die Feder, ohne zu zögern. „Ich mochte Sam immer schon gut leiden,“ sagte er. „Obwohl, beim Tauziehen ist er ein übler Gegner, und ich habe den Gamdschie- und den Kattunbrüdern nie verziehen, dass sie meine Mannschaft in jenem Sommer viermal hintereinander geschlagen haben.“ Seine Zungenspitze erschien in seinem Mundwinkel, während er mit einem Schnörkel unterzeichnete. „Da.“ Er schaute zu Frodo auf. „Lust auf einen Schluck zum Feiern?“

„Sicherlich,“ sagte Frodo. „Aber nur unter uns – behalt das für dich, tust du das? Ich will nicht, dass ein Wort davon laut wird, oder es gibt einen Aufstand unter den Beutlins.“

Berilac schnaubte, während er das Bier einschenkte. „Als ob irgend einer von denen einen Ort wie Beutelsend braucht.“ Er hob das Glas in Frodos Richtung. „Auf Sam, und meine besten Wünsche, dass er es noch viele Jahre nicht erbt.“

Frodo nickte zum Dank für die Widmung, und wenn sein Lächeln ein Geheimnis verbarg, dann merkte Berilac es nicht.


Vier

„An Sam, hm?“ sagte Folco. Er kratzte sich am Kopf. „Was ist mit deinen Beutlin-Verwandten? Nachdem die Sackheim-Beutlins weg sind, werden sie das eine oder andere von dir erwarten.“

Frodo lächelte. „Keiner von ihnen brauchen einen Smial, der so groß ist wie Beutelsend, aber Sam und Rosie werden ihn brauchen, glaube ich. Aber behalte auf alle Fälle Stillschweigen darüber, tust du das? Rechtlich gesehen bin ich auf der sicheren Seite – Vetter Ponto ist mein Anwalt, und er hat kein Problem damit, deswegen mache ich mir in dieser Angelegenheit nicht wirklich Sorgen.“

Folco zuckte die Achseln. „Also dann, wie du möchtest.“ Er streckte die Hand nach der Feder aus.


Fünf

„Also, soll ich das mit ,Freddy’ oder mit ,Fatty’ unterschreiben, oder würdest du nach allem, was war, ,Fredegar’ vorziehen?“ sagte Frodo’s Bolger-Vetter. Allerdings unterschrieb er bereits, während er noch sprach, und nachdem er über die Tinte gepustet hatte, um sie zu trocknen, reichte er das Dokument sorgsam an Frodo zurück. „Bitte sehr. Jetzt muss dich Sam nur noch an einem eisigen Tag den Bühl hinunterschubsen...“ Er grinste respektlos.

„Und das ist der Grund, weshalb ich Beutelsend nicht dir hinterlassen habe.“ erwiderte Frodo und grinste zurück. „Solch ein Gedanke wäre Sam in tausend Jahren nicht gekommen. Aber ganz ehrlich jetzt, sag kein Wort. Sam weiß es noch nicht einmal, und ich würde es gern dabei belassen.“

„Natürlich, natürlich,“ sagte Freddy und breitete seine Arme mit großartiger Geste aus. „Nun zu den wirklich wichtigen Neuigkeiten -. Meine Mutter sagt, Merry war in letzter Zeit ziemlich oft hier drüben in der Höhle. Glaubst du, dieser Halunke hat tatsächlich den Nerv, meiner Schwester den Hof zu machen?“


Sechs und sieben

Rosie hatte dem Ohm sein Mittagessen gebracht und saß in der kleinen, gemütlichen Küche der Höhle, als sie beide von einem Klopfen an der Vordertür überrascht wurden. „Das wird Vater Zwiefuß sein, der kommt, um sich schon wieder meine Heckenschere zu leihen,“ grummelte der alte Hobbit. „Jetzt komm schon rein, du alter Trottel!“ rief er, und dann stand er auf und wurde knallrot, als Frodo in der Küchentür erschien. „Lieber Himmel, Herr Frodo, ich dachte ganz sicher, es wäre dieser Dämlack von einem Nachbarn, mit dir würde ich nie so reden...“ Vor lauter Aufregung blieb ihm die Stimme weg.

„Das glaube ich dir, Meister Hamfast,“ sagte Frodo warm. „Nicht, dass die Beschreibung nicht passt.“ Er lächelte Rosie zu und bedeutete den beiden, sich hinzusetzen.

Rosie winkte ab; der Ohm allerdings ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken, noch immer mit rotem Kopf und ganz außer sich. „Ich gehe gleich wieder den Bühl hinauf,“ sagte Rosie. „Elanor wird bald aufwachen und Sam könnte mich dort brauchen.“

Frodo hielt sie mit sanfter Hand auf. „Nein, bitte bleib für einen Moment – das Baby hat vor fünf Minuten noch fest geschlafen. Ich bin mit Absicht heruntergekommen, während du hier bist.“ Alle drei saßen um den glänzenden Holztisch und Frodo zog einmal mehr sein Papierbündel heraus.

„Ich habe ein paar Dinge um Beutelsend herum in Ordnung gebracht - nur bildlich gesprochen,“ versicherte er Rosie, die die Höhle peinlich sauber hielt und leicht erschrocken drein sah. „Ich musste einiges an Papieren aufsetzen lassen, und darunter war auch mein Testament. Ich brauche sieben Unterschriften mit roter Tinte,“ und damit zog er eine kleine Flasche und einer Feder aus einer Tasche, „und ich hätte euch beide gern als meine Unterzeichner.“

Rosie legte ihren Kopf schief. „Hast du schon Sam gefragt?“ sagte sie.

Frodo begegnete ihrem Blick, seine Augen so tief und klar wie die Wässer im Herbst. „Nein... und ich habe auch nicht die Absicht.“ Er lächelte, ein kleines Lächeln. „Diese Papiere hinterlassen Beutelsend und alles darinnen Sam, und damit auch dir, Rosie.“ Ihr Mund stand offen, und er fuhr fort und sah den Ohm an, während er sprach. „Ich habe keine Verwandten, die Beutelsend brauchen oder wollen... nun, in jedem Fall keine, die es brauchen. Und sicherlich niemand, der mir lieber wäre als du und Sam. Meister Hamfast, ich wünsche mir deinen Segen für diese Sache. Und deinen auch, Rose, obwohl...“ er holte mühsam Atem, „ich bin noch nicht bereit, es Sam jetzt zu sagen, denn er würde sich Sorgen machen, wenn er davon wüsste.“ Ihre Augen ließen die seinen nicht los; sie nickte langsam. Der Ohm brach ihr Schweigen. „Also, Herr Frodo, Beutelsend gehört dir und du kannst damit machen, was du willst, obwohl ich nicht weiß, was mein Sohn mit einem so mächtig großen Zuhause anfangen soll, wo er und Rosie doch gerade erst zusammen anfangen – wie sollen sie damit klarkommen, wenn ich dich fragen darf?“

Frodo lachte fröhlich. „Meister Hamfast, es wird deinem Sohn sein ganzes Leben hindurch niemals an Liebe, Respekt oder Geld fehlen, aber ich denke, er und Rosie könnten eines Tages dringend mehr Platz brauchen, wenn ihre Familie so groß ist, wie ich glaube, dass sie sein könnte.“ Rosie errötete und er tätschelte ihre Hand. „Sam wird mein Einkommen haben, das ziemlich komfortabel ist,“ versicherte er dem alten Hobbit, „und ich sehe große Dinge in seiner Zukunft – er mag sein Leben damit begonnen haben, mich ,Herr Frodo’ zu nennen, aber seine Kinder werden allen Familien im Auenland ebenbürtig sein.“

Der Ohm räusperte sich und druckste herum, aber dann zuckte er die Achseln und sagte wieder, dass Beutelsend Herrn Frodo gehöre, dass er es weggeben könne, wenn er wolle und dass es keinen Sinn hätte, seinen Senf dazu zu geben. Rosie unterschrieb die Papiere und dann gab es eine neue, unerwartete Schwierigkeit; der Ohm schien trotz aller gegenteiligen Versicherungen nur widerwillig unterzeichnen zu wollen. Frodo war heimlich verblüfft darüber, dann erinnerte er sich an etwas.

Er nahm die Feder und legte sie in die knorrige Hand des alten Hobbits. „Wenn du einfach dein Zeichen hier hin machst,“ sagte er und deutete auf die genaue Stelle; Hamfast Gamdschie malte ein zittriges ,G’, den einzigen Buchstaben, den er kannte, und seufzte vor Erleichterung, als er es hinter sich hatte. Frodo nahm ihm die Feder ab und schrieb klar und deutlich ,Meister Hamfast Gamdschie’ neben das Zeichen, und die Prüfung war vorüber.

ENDE


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