Butterblüm und der König

von Eledhwen, übersetzt von Cúthalion

Zuerst hörten wir von der Ankunft des Königs, als zwei Wachen zu Pferde in die Stadt geritten kamen. Ganz in Schwarz und Silber gekleidet waren sie, richtig großartig mit glänzenden Helmen auf ihren Köpfen. Und sie sagten, dass der König hinter ihnen her geritten käme, mit einer großen Menge Leute.

Natürlich war ganz Bree in Aufruhr, von Schlucht und Archet gar nicht zu reden. Die Frauen beeilten sich, ihr bestes Zeug anzuziehen, und ich schickte die Jungs ins Gasthaus, um dort ein bisschen sauber zu machen. Komisch, jetzt, wo ich daran zurückdenke - einer der Waldläufer war im Schankraum, und er schaute mich so von der Seite an und sagte: „Barli, das ist alles gar nicht nötig.“ Trotzdem wollte ich kein Durcheinander haben, jedenfalls nicht für den König.

Es dauerte eine Weile, bis es zum ersten Mal etwas zu sehen gab, und gleich darauf kam einer der Heidezehs ins Gasthaus gerannt und schrie, da wären Pferde und Banner und was nicht noch alles in Sicht.

Nun ja, beinahe jedermann in der Stadt schien auf der Straße zu stehen und zu warten, um die Ankunft der Gesellschaft des Königs zu sehen. Und es war ein feiner Anblick, soviel ist mal sicher. Erst kam eine Gruppe Soldaten, alle in Silberrüstung mit schwarzen Umhängen und schwarzen Fahnen. Sie ritten in unseren Hof und saßen ab, und ich schickte Hinz, um ihnen mit ihren Pferden behilflich zu sein.

Gleich nach den Soldaten folgte ein Mann mit einem mächtig großen Banner; es war ganz und gar schwarz und wehte ein bisschen im Wind, so dass die Stickerei darauf irgendwie leuchtete. Da war ein weißer Baum drauf und sieben Sterne und eine Krone. Das ganze Weibervolk fing an, über die Nadelarbeit zu reden, und wie lange es gedauert haben musste, dieses Ding zu machen, aber sie wurden bald still, als der König in Sicht geritten kam.

Kein Zweifel, dass es der König war. Er schien größer zu sein als das andere Volk, obwohl er keine Krone auf dem Kopf hatte. Er trug einen weiten, weißen Umhang und einen schwarzen Harnisch und eine lange Schwertscheide hing an seiner Seite. Niemand sagte etwas, als er näher ritt.

Allerdings will ich annehmen, dass die meisten Männer bald aufhörten, den König anzuschauen, weil an seiner Seite... nun, keiner von uns hatte damit gerechnet, dass der König auch eine Königin hatte, oder eine, die so lieblich war. Ich bin kein Mann für die Dichtkunst, oder für mehr als ein gutes Bier und einen vollen Schankraum, aber es macht mir nichts aus, zu sagen, dass mir beinahe die Luft wegblieb. Sie schien zu schimmern, wie ein Stern. Ganz in Weiß war sie, mit Blumen in ihrem Haar. Ich glaube kaum, dass irgend jemand auch nur ein Wort von sich gab, während sie zur Tür meines Gasthofes ritten und ihre Pferde zügelten.

Einer von den Wachen kam, um die Zügel zu halten, und der König sprang vom Pferd und schaute sich so ein bisschen um, mit einem Lächeln auf seinem Gesicht. Er half der Königin herunter und sie lächelten sich für einen Moment einfach an.

Ich war ziemlich zittrig, als sie zu mir kamen, wie ich da an der Tür vom „Pony“ stand und wartete. Schließlich wurde von mir erwartet, mich vor einem König zu verbeugen, und ich brachte so etwas in der Art zustande, aber er lachte.

„Barliman Butterblüm!“ sagte er. „Ich bin sehr froh zu sehen, dass das „Tänzelnde Pony“ so gastfreundlich ist wie immer.“

Dann schaute ich ihn genauer an und ich wollte meinen Augen kaum trauen.

„Streicher?“ sagte ich. „Also, meiner Seel...“

„Streicher, in der Tat.“ sagte der König.

„Der alte Gandalf hat so was in der Art gesagt.“ meinte ich und rief mir ins Gedächtnis, was der Zauberer und die Auenland-Hobbits mir erzählt hatten, als sie vor ein paar Jahren durch Bree gekommen waren. „Aber die Leute konnten es nicht glauben.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ pflichtete mir der König bei. „Schließlich hatte ich die Angewohnheit, mit Schlamm bedeckt durch Bree zu wandern und kaum ein Wort über meine Angelegenheiten zu verlieren. Aber die Zeiten haben sich geändert, Barliman. Ich reite nach Norden, um mein Reich von Arnor zu besuchen, und das schließt Breeland mit ein.“

„Tut es das?“ Ich konnte mir nicht helfen, ich fragte mich, wo dieses Arnor wohl sein mochte, aber man fängt keinen Streit an mit Leuten, die mit Schwertern bewaffnet sind und mit all diesem Zeug.

„Das tut es. Nun, Barliman, dürfen wir deine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen? Meine Männer würden zu einem Bissen Essen nicht Nein sagen, und zu deinem ausgezeichneten Bier; unsere Pferde hätten auch gerne ein bisschen Heu im Bauch.“

Bei diesen Worten hoben die Pferde ihre Köpfe und wieherten.

„Recht hast du, Herr Str... Herr.“ sagte ich. „Hinz! Gib den Pferden ein bisschen Heu und reib sie ab.“

Hinz kam um die Ecke und nickte.

„Und wenn du und deine Männer eintreten wolltet,“ fuhr ich fort, an den König gewandt, „dann hätten wir einen feinen Eintopf auf dem Feuer. Und das Bier ist ungewöhnlich gut, seit Gandalf hier vorbeikam und einen freundlichen Spruch darüber gesagt hat.“

Streicher trat zurück, um seine Herrin vorzulassen und sagte etwas zu ihr, das ich nicht mitbekam, und dann folgten wir ihm alle nach drinnen. Als ich die Tür zu machte, schwoll das Gerede der Leute draußen ordentlich an.

Der König ging geradewegs in den Schankraum und schaute sich um, und der Waldläufer, der vorher mit mir gesprochen hatte, stand auf und verbeugte sich.

„Mein Herr Elessar.“ sagte er. Streicher schien erfreut zu sein, ihn zu sehen, und sie unterhielten sich ein bisschen, während ich ihnen Krüge mit Bier brachte und Kunz losschickte, um Eintopf aus der Küche zu holen. Ich war nicht so ganz sicher, ob die Königin Bier wollte und schaute mich um, was wir sonst noch hatten – ein Tropfen von dem Roten aus Stadel war noch da – aber sie kam zu mir herüber, als ich mir die Flasche anschaute.

"Bier ist schon recht, Herr Butterblüm.“

Ich schaute hoch, hinein in ihre Augen, und zum zweiten Mal an diesem Tag blieb mir die Luft weg. Diese... sie... also, es war unnatürlich, das war’s... als ob sie Lichter in ihren Augen hätte oder so etwas. Sie lachte.

„Trinken die Frauen von Bree denn kein Bier?“

„Also...“ sagte ich. „Ähm...“

„Ein paar schon.“ sagte der König, der mit dem Waldläufer hinter ihr herkam. „Barliman... meine Herrin und Königin, Arwen.“ Er ergriff einen der Bierkrüge und nahm einen tiefen Zug. „Nun, das habe ich vermisst. Sie können keine anständige Halbe Bier brauen in Minas Tirith, obwohl sie es versuchen.“

Er reichte seiner Königin einen Krug und beide gingen und setzten sich hin, so gemütlich wie man es sich nur wünschen kann, gleich neben diesem Waldläufer mit dem Schlamm auf seinen Stiefeln. Und da blieben sie fast den ganzen Nachmittag; erst aßen sie unseren Eintopf und dann empfingen sie jedermann, der mit ihnen sprechen wollte. Es stellte sich heraus, dass eine Menge Leute das wollten, und der Rest kam, gaffte und trank. Ein guter Nachmittag war das, und sie leerten drei Fässer bis auf den letzten Tropfen.

Wir gaben dem König und der Königin das beste Zimmer im Gasthaus, und sie schienen damit zufrieden zu sein. Ich konnte mir nicht helfen... ich erinnerte mich an die Zeiten, als ich Streicher in den Ställen schlafen ließ und ihm seinen Platz im Schankraum nicht gönnen mochte, wegen dem Schlamm, den er mit sich hereintrug.

Um den Rest zu erzählen, sie blieben drei Tage im „Pony“, reisten ein bisschen herum und schauten sich tagsüber die Gegend an. Der König sagte, dass es keinem von uns großen Leuten noch länger erlaubt wäre, das Auenland zu besuchen, weil es ein Land nur für die Hobbits sei – scheinbar kann das kleine Volk aber immer noch nach Bree reisen, also wird es uns wohl nicht allzu hart ankommen.

Bevor sie gingen, bezahlte uns Streicher sehr anständig für Speise, Trank und Unterkunft. Es war das erste Mal, dass es mir je leid tat, ihn gehen zu sehen, denn das Gasthaus war belebter gewesen als seit vielen Tagen. Er und seine Herrin bestiegen ihre Pferde, und die Wache erhob ihr Banner, und weg waren sie die Straße hinunter, und das ganze Stadtvolk schaute zu. Als sie durch das Tor ritten, brandete Jubel auf. Das letzte, was wir vom König sahen, war sein Schwert, das es zum Gruß in die Luft reckte.

Wo genau dieses Arnor liegen soll, habe ich übrigens nie herausgekriegt.

ENDE


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